Forex Report per 25. August 2015

 | 25.08.2015 10:14

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1570 (07.47 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1421 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 119.05. In der Folge notiert EUR-JPY bei 137.75. EUR-CHF oszilliert bei 1.0788.

Wer gerne Achterbahn fährt, hatte gestern an den Finanzmärkten seine Freude.
Das Problem besteht jedoch darin, dass Märkte eine Funktion für die Realwirtschaft zu erfüllen haben. Diese Funktionalität ist aus Sicht des Autors nicht länger im erforderlichen Maße gegeben.
Differenzierte Sichtweisen fallen unter anderem omnipotenten Computerprogrammen zum Opfer, die eine klare Ausrichtung auf Quantität und nicht Qualität haben.

Die handwerklichen Fehler, die in der Struktur der Finanzmärkte seit dem „Big Bang“ in Großbritannien am 27. Oktober 1986 unter der Regierung Thatcher gemacht wurden, wiegen heute schwer auf uns.

Der „Big Bang“ war der Startschuss für eine dramatische Liberalisierung des Bank- und Finanzwesens gekoppelt mit der Fokussierung auf Kurzfristigkeit in der Bilanzierung. So konnten Banken zu Maklern mutieren und ihre ehernen volkswirtschaftlichen Funktionen sportlich vernachlässigen.

In der Folge kam es zu massiven Konzentrationsprozessen durch Übernahmen und Fusionen, man fühlte sich zum Teil an Monopoly erinnert.
Das Thema „too big to fail“ ist Ausgeburt des „Big Bang“. Der perfekte Markt setzt ein Polypol und kein Oligopol oder Monopol voraus.

Aus einem Banken- und Finanzpolypol wurde in Teilbereichen (u.a. Futures) sogar ein in Teilen monopolistisches Oligopol. Die Nutzung dieser Strukturen für geopolitische Zwecke wurde eine weitere Facette dieser Entwicklung.

Es wurden Börsen privatisiert, die heute der Finanzaristokratie bevorzugten Zugang ermöglichen und damit das Gebot des gleichen Marktzutritts für alle unterlaufen.

Der Handel wurde „entmenschlicht“ und massiv auf Algorithmen umgestellt. Auch die aktuelle Regulatorik führte dazu, dass der Eigenhandel vieler Finanzinstitutionen eingestellt wurde, was die Liquiditätslage der Märkte belastete und weiter belastet und schlussendlich der Marktmacht der Finanzaristokratie in die Hände spielt, deren Gewinne privatisiert werden und deren Verluste wegen des „too big to fail“ im Zweifelsfall sozialisiert werden.

Der Hochfrequenzhandel wurde etabliert. Was der Politik und den Finanzmarktteilnehmern als eine Optimierung der Liquidität verkauft wurde, hat sich als genau das Gegenteil herausgestellt. Hochfrequenzhandel ist wie eine Versicherung, die während der Nichtinanspruchnahme funktioniert und im Versicherungsfall versagt.

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Damit soll Ihnen verdeutlicht werden, dass das Problem der Volatilität der Märkte nicht maßgeblich konjunkturelle Hintergründe hat, sondern größtenteils Ausdruck massiver struktureller Störungen im Finanzsektor ist.
Mit einer sachlichen und differenzierten Diskontierung von Unternehmenserfolgen oder volkswirtschaftlichen Entwicklungen und Strukturen der Volkswirtschaften hat das derzeit wenig zu tun.

Der Blick auf die Märkte:

Aktien:
Unsicherheit dominiert weiter, Volatilität bleibt hoch, europäische Märkte sind mittlerweile günstig bewertet (DAX, Basis 2016 Gewinnschätzungen, KGV 11,5, historisches Mittel 14).
Zu bedenken ist: Währungen kommen und gehen. Unternehmen wie Siemens (XETRA:SIEGn), Bayer oder BASF überleben Währungsschnitte, Hyperinflation oder Weltkriege … „Food for thought!“

Devisen:
In der Krise ist der Euro der Gewinner. Manche Prognose darf nun angepasst werden.

Staatsanleihen:
Die Flucht in hochwertige Staatsanleihen ist im Krisenfall ein Reflex. Dieser Reflex ist derzeit unausgeprägter als zuvor.

Kommen wir zur Debatte über die US-Zinswende:
Der Offenmarktausschuss der Federal Reserve wird nach Einschätzung des Präsidenten der Fed Atlanta Lockhart, vermutlich "irgendwann im Laufe dieses Jahres" mit einer Erhöhung der Zinsen beginnen. Da rudert jemand ein wenig zurück.
Es werde eine schrittweise Normalisierung der Geldpolitik geben, sagte Lockhart. Wir fragen Herrn Lockhart, ob der Offenmarktausschuss das Mandat für angemessenes Wachstum zu sorgen, genau in diesem Moment ausblendet …
Insgesamt würden die Zinsen für einige Zeit eher niedrig bleiben. Ja, Herr Lockhart, niedrig ist ein relativer Begriff, der einer Einordnung bedarf. Wir hören …
Wie sich das Wirtschaftswachstum entwickle, sei angesichts des starken Dollars und der niedrigen Ölpreise schwer zu prognostizieren.
Na, und dann will der gute Herr Lockhart bei dem schwächsten Wachstums Clip seit 2012 eine Zinswende einleiten. Wer hier Widersprüche erkennen will, wird fündig.

Umso verständlicher sind Einlassungen seitens Barclays (LONDON:BARC) oder seitens des Hedgefonds Bridgewater.
Die US-Zinswende wird nach Einschätzung von Barclays wegen der Börsenturbulenzen später stattfinden. Die US-Notenbank werde bis März 2016 abwarten.
Der Hedgefonds Bridgewater sieht ebenso eine deutliche Verschiebung der Zinswende und thematisiert die Notwendigkeit von QE 4 in den USA.
O-Ton von Bridgewater: “We Believe That the Next Big Fed Move Will Be to Ease (Via QE) Rather Than to Tighten"
Wir erlauben uns an dieser Stelle aus unserem Jahresausblick 2015 zum Thema USA zu zitieren:

Fazit:
Anpassungen des Leitzinses um bis zu 50 Basispunkte sind per 2015 maximal möglich (60% Szenario). Eine Zinswende, wie sie per 2017 diskontiert ist, ist in hohem Maße unwahrscheinlich, wenn konjunkturelle Unfälle größeren Ausmaßes vermieden werden sollen.
Im Gegenteil besteht die Chance (40% Szenario), dass bei enttäuschender Wachstumsdynamik in den USA keine Zinserhöhungen vorgenommen werden und das Thema QE per 2015 wieder hoffähig wird.

Der gestern veröffentlichte Chiacgo Fed National Activity Index legte per Berichtsmonat Juli von zuvor -0,07 auf +0,34 Punkte zu. Damit wurde das höchste Ergebnis seit November letzten Jahres markiert.
Wir verweisen darauf, dass der Vormonatswert sportlich von +0,08 auf -0,07 Punkte revidiert wurde.
Auch vor dem Hintergrund des aktuellen Finanzmarktbebens in den USA sehen wir keine Veranlassung dieses fraglos relativ gute Ergebnis extrapolieren zu wollen.
Ganz im Gegenteil … eine Mücke macht noch keinen Sommer!