Folker Hellmeyer | 08.09.2017 10:21
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.2086 (07.30 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1915 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 107.71. In der Folge notiert EUR-JPY bei 130.19. EUR-CHF oszilliert bei 1.1400.
Seitens des EZB-Rats gab es keine Entscheidungen bezüglich der Ausformung der aktuellen Politik. Das war bei dieser Sitzung auch nicht erwartet worden.
Gleichwohl wird der Druck auf den EZB-Rat insbesondere aus Deutschland erhöht. Diverse Bankverbände und auch Banken warnen, unter ihnen die Deutsche Bank (DE:DBKGn) am gestrigen Tag.
Deutsche Ökonomen bringen den Begriff Überhitzung ins Spiel. Das ist für Deutschland in der Tat ein erkennbares Risiko, da es vor allen Dingen am Arbeitsmarkt knapp wird.
Die Wachstumsprognose für die Eurozone wurde in den Stabprojektionen für 2017 auf 2,2% (zuvor 1,9%) revidiert. Für die gesamte Eurozone ergibt sich fraglos ein deutlich über dem Potentialwachstumspfad (laut EZB geringer als 1,5%) liegendes Wachstum, das den Begriff Überhitzung in Breite und Tiefe jedoch noch nicht als ernst zu nehmendes Risiko erkennen lässt.
Bezüglich des Anleiheankaufprogramms soll im Oktober seitens des Rats eine Entscheidung gefällt werden – das Votum könne aber auch verschoben werden. Letzter Einlassung ist kritisch zu bewerten. Stimulanz-Maßnahmen müssen in Phasen der Stärke zurückgenommen werden, ansonsten ergibt sich ein Drama in der Anapassung wie in den letzten zwei Jahren in den USA – vollmundige Versprechungen der Federal Reserve bei äußerst überschaubarer Lieferung!
Der EZB-Rat zeigt sich ob des festen Euros und seiner dämpfenden Wirkung auf das Preisniveau besorgt. Das ist verständlich. Hier ergibt sich ein Wirkungszusammenhang.
In der Wahrnehmung wird derzeit der Anstieg von 1,03 auf 1,20 als fulminant empfunden. Der Absturz von 1.13 auf 1,03 war hinsichtlich der Fundamentallage die Anomalie. Das aktuelle Bewertungsniveau des Euros gegenüber dem USD ist vor dem fundamentaler Aspekte Hintergrund immer noch nicht überbewertet.
Es ist nicht Aufgabe der EZB die Bewertung des Euros an den Märkten zu steuern.
Fazit zur EZB:
1. Man lässt sich Zeit – Widerwilligkeit, den Normalisierungsprozess zu starten, ist erkennbar.
2. Man hält sich alle Optionen offen.
3. Man hat die Wachstumsdynamik seit drei Jahren unterschätzt.
4. Der Aufschwung ist maßgeblich von wiederkehrenden Einkommen geprägt. Der Kreditzyklus bleibt unausgeprägt und damit auch die Verantwortung der EZB für diesen Aufschwung.
5. Die deutlich über dem Potentialwachstum liegende Expansion der Wirtschaftsleistung der Eurozone impliziert perspektivisch Überhitzungsrisiken und Ungleichgewichte in der Bewertung wirtschaftlicher Aktiva.
Zu viel „toskanische“ Gelassenheit muss kritisch begleitet werden.
Die Revision der BIP-Daten lieferte nur eine marginale positive Überraschung. Erwartungsgemäß legte das BIP im 2. Quartal im Quartalsvergleich um 0,6% zu. Im Jahresvergleich wurde der Wert von zuvor 2,2% auf 2,3% angepasst. Das war das höchste Niveau seit dem 1. Quartal 2010 (siehe Chart)!
In der US-Darstellung auf das Jahr hochgerechnet ergab sich im ersten Halbjahr ein Wachstumsclip von 2,4%.
Wo lag noch die BIP-Prognose der EZB und des Mainstreams am Ende 2016 für 2017?
Die US-Arbeitsproduktivität stieg laut Revision per 2. Quartal um 1,5%. Der bisherige Wert lag bei 0,9%. Die Prognose war bei 1,3% angesiedelt. Die enge Korrelation zum BIP (Aufwärtsrevision im 2. Quartal) erklärt diese Entwicklung.
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine positive Haltung bezüglich der Bewertung des Euros favorisiert. Erst ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.1650 – 80 negiert den positiven Bias des Euros.
Viel Erfolg!
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