Folker Hellmeyer | 03.06.2016 14:04
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1152 (07.35 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1142 im asiatischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 108.72. In der Folge notiert EUR-JPY bei 121.25. EUR-CHF oszilliert bei 1.1047.
Der EZB-Rat lieferte das vom Markt erwartete Ergebnis. Eine Politik der ruhigen Hand nach Implementierung der zuvor aggressiven Lockerungen bestimmt das Bild.
Es bleibt beim Nullzins, es bleibt auch bei dem Einlagesatz von -0,40% für die Überschussliquidität des Bankensektors.
Die EZB wird mit den Käufen von Unternehmensanleihen am 8. Juni beginnen. Mario Draghi betonte, dass damit die Finanzierungskosten gesenkt würden.
Der aktuelle Pfad der Zins- und Geldpolitik würde für einen längeren Zeitraum andauern. Die Anleiheaufkäufe würden mindestens bis März 2017 fortgeführt. Im Zweifelsfall könne es auch zu einer weiteren Lockerung kommen.
Nach Ansicht der EZB setzt sich die konjunkturelle Erholung der Eurozone graduell fort. Die von der EZB getroffenen Maßnahmen würden Wirkung erzielen und eine zusätzliche Stimulanz liefern.
Die Abwärtsrisiken wurden erneut in den Mittepunkt gestellt. Darunter fallen derzeit vor allen Dingen exogene Themen, wie der mögliche Brexit, vor dem Draghi die Briten ob der Folgen warnte. Aber auch geopolitische Risiken und der Dynamikverlust der Weltwirtschaft wurden erwähnt.
Dabei könnte der EZB-Rat auch auf die seit Monaten positiv überraschenden Daten des europäischen Automarkts eingehen.
Schlussendlich signalisieren Autokäufe eine nicht unerhebliche Konjunkturzuversicht, da es sich um Anschaffungen größeren Ausmaßes handelt.
Zu den Fakten des europäischen Automobilmarkts:
Der europäische Herstellerverband ACEA erwartet für den PKW-Sektor für das laufende Jahr 2016 eine Zunahme des Kfz-Absatzes um 5%. Bisher lag die Prognose bei 2%.
Laut dem Kraftfahrtbundesamt kam es per Berichtsmonat Mai zu einem Anstieg der Kfz-Zulassungen um 11,9% im Jahresvergleich. In der Phase Januar bis Mai 2016 ergab sich ein Anstieg in Höhe von 6,8%.
Es irritiert, dass der EZB-Rat seit Beginn des Wachstumspfads latent die Risiken betonte und die Chancen nicht erwähnte und mehr noch, überraschend positive Entwicklungen nicht thematisiert.
Der EZB-Rat hat keine Inflationsängste. Die Preisinflation werde niedrig bleiben. Zwar werde die Teuerung im 2. Halbjahr 2016 zunehmen und sich dann 2017 und 2018 weiter erholen, aber die Inflation müsse ohne Verzögerung in Richtung des Zielwerts bei circa 2% gebracht werden.
Die Erzeugerpreise der Eurozone sanken per April im Monatsvergleich unerwartet um 0,3% (Prognose +0,1%). Im Jahresvergleich stellte sich der Preisrückgang auf 4,4% (Prognose 4,1%) nach zuvor -4,1% (revidiert von -4,2%).
US-Daten durchwachsen:
Die Anzahl der Jobs, die durch angekündigte Massenentlassungen betroffen sind, stellte sich per Mai laut Challenger Report auf 30.157 nach zuvor 65.141.
Damit kam es im Monatsvergleich zu einem Rückgang um 53% und im Jahresvergleich um -26,5%.
Ergo signalisiert dieses Wirtschaftsdatum Entspannung.
Der ADP-National Employment Report, der Auskunft über die Entwicklung des Arbeitsmarkts in der Privatwirtschaft gibt, lieferte per Mai mit 173.000 neu geschaffenen Stellen nahezu eine Punktlandung. Die Prognose lag bei 175.000 Jobs.
Der aussagefähigere 3-Monatsdurchschnitt sinkt seit Februar ausgehend von 229.000 kontinuierlich auf nun 180.000. Ergo nimmt die Dynamik am US-Arbeitsmarkt ab.
Die Arbeitslosenerstanträge lieferten mit 267.000 nach 268.000 keine neuen Erkenntnisse.
Das war bei dem New York Business Conditions Index per Berichtsmonat durchaus anders. Dieser Index kollabierte von 57,0 auf 37,2 Punkte und markierte den tiefsten Stand seit 2009!
Von Seiten der US-Zentralbank wird die US-Wirtschaft weiter stark geredet. Dabei wurden jüngst insbesondere die maladen regionalen PMIs für den Sektor Produktion missachtet.
Es scheint, dass die Inflationssorgen die entscheidenden Impulsgeber für den nächsten Zinsschritt sind und das Thema „ziemlicher wirtschaftlicher Stärke“ (Kaplan, Dallas Fed) eher die Rolle des Feigenblatts darstellt, das nicht nachhaltig belastbar ist.
US-Fazit:
Das Thema US-Stagflation drängt sich auf.
Wer sich in der Historie auskennt, weiß, dass Stagflation von Märkten, auch Devisenmärkten, nicht positiv goutiert wurde.
Nun ja, das war früher, als Märkte noch regelbasiert und frei waren …
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.0800 – 1.1350 eröffnet neue Opportunitäten.
Viel Erfolg!
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