Folker Hellmeyer | 07.09.2018 11:20
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1622 (08:00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1606 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 110,62. In der Folge notiert EUR-JPY bei 128,56. EUR-CHF oszilliert bei 1,1223.
Die heute morgen veröffentlichten Daten zur Industrieproduktion in Deutschland zeigen einen überraschend deutlichen Einbruch mit einem Wert von -1,1% auf. Die durchschnittlichen Analystenschätzungen lagen bei 0,2%. Zugleich fielen die Exporte um 0,9%, dies stellt den höchsten Rückgang seit Februar dar. Angestiegen sind hingegen die Importe um 2,8%. Damit verringerte sich der deutsche Handelsüberschuss von 19,5 Mrd. € auf 16,5 Mrd. €.
Insbesondere wenn die Prognosen der Analysten sich als zu positive Fehlschätzungen entpuppt haben, stellt sich die Frage, ob die Marktschätzungen insgesamt zu positiv sind.
In einem saisonalen Vergleich der Industrieproduktion der letzten 10 Jahre ist die Industrieproduktion zum Ende Juli sechs mal angestiegen und vier mal mit einem ähnlichen Rückgang gefallen. Vor diesem Hintergrund ist der Rückgang nicht als außergewöhnlich zu betrachten. Natürlich hinterlässt die aktuelle Handelspolitik der USA Spuren, bisher aber nicht solche, die nicht zu verkraften sind.
So zeigen die gestiegenen Importe auf, dass der Konsum weiter kräftig ist und auch Vorproduktionsgüter im Ausland weiter eingekauft werden. Daher wird der oben aufgezeigte Rückgang des Handelsüberschusses vermutlich nur temporär sein, könnte aber an der politischen Front für etwas Entlastung sorgen.
Der stellvertretende russische Finanzminister Kolychev stellte in einem Bloomberg Interview dar, dass die russische Zentralbank und Regierung die Mittel haben, um unter Druck geratene russische Anleihen auf Rubelbasis aufzukaufen und Marktpflege zu betreiben. Russland bekommt schon jetzt an den Märkten die Auswirkungen möglicher neuer US-Sanktionen zu spüren.
So sank der Anteil an Ausländern, die Rubelanleihen halten, von 34,5% im März auf ca. 28% im Juli (letzter Datenstand). Die Rendite der zehnjährigen Anleihen stieg im gleichen Zeitraum von 7,06% auf 7,71%. Zum September stieg die Rendite auf über 9% an. Damit verteuern sich die Finanzierungskosten der russischen Regierung aber auch der Unternehmen durch die US-Sanktionen signifikant.
Bei der politischen Bewertung der Sanktionen müssen wir wie schon im Fall des Irans das Ziel einer Bevormundung der restlichen Welt durch die USA feststellen. Dabei ist es egal, wie man den Konflikt zwischen den USA und Russland bewertet: es entspricht nicht dem westlichen Wertekanon, den Wirtschaftssubjekten in dritten souveränen Ländern vorzuschreiben, wo sie ihr Geld anlegen. Dies fällt in den Bereich der jeweiligen Regierungen. Für Deutschland sind damit Berlin und Brüssel zuständig, nicht aber Washington!
In der wirtschaftlichen Betrachtung sind Nachteile für die russische Wirtschaft unausweichlich. Selbst wenn die Regierung und Zentralbank die Zinsen auf Rubelbasis konstant halten, steigen doch die Finanzierungkosten durch die Abwertung der Währung. Sofern für Investitionen Importe notwendig sind, steigt also der Finanzbedarf für die benötigten Importe in Rubel und damit steigen die Finanzierungskosten. Ebenso ist fraglich, inwieweit der Handel an sich durch die US-Sanktionen eingeschränkt werden wird.
Durch die hohe Resilienz der russischen Wirtschaft (positive Leistungsbilanz von 2,96% des BIP; Verschuldungsquote ca. 18% des BIP) ist nicht von einer nachhaltigen Krise wie zur Zeit in einigen Ländern der Emerging Marktes auszugehen, gleichwohl mit deutlichen Bremsspuren in der wirtschaftlichen Entwicklung.
Die weitere Ausrichtung Russlands gen Osten scheint damit unvermeidlich. Offen bleibt, ob das im europäischem Interesse ist.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1.1270 - 1.1300 neutralisiert den positiven Bias des Euros.
Viel Erfolg!
© Christian Buntrock
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