Fed Watch: BIP und Inflation lassen Stagflation befürchten, Zentralbanken unter Druck

 | 03.05.2022 11:14

Die Wirtschaftsexperten müssen sich derzeit mit einer ganzen Reihe von widersprüchlichen Datenpunkten auseinandersetzen. Das gibt jedem von ihnen die Möglichkeit, zumindest teilweise Recht zu haben - die Inflation steigt, hat aber vielleicht ihren Höhepunkt erreicht, die Zinserhöhungen werden die Nachfrage dämpfen, aber die Realeinkommen schrumpfen bereits, und so weiter.

Aber unterm Strich ist das US-Wirtschaftswachstum im ersten Quartal um 1,4 % gesunken, und der Inflationsindex für die privaten Konsumausgaben ist im März im Jahresvergleich um 6,6 % gestiegen.

Die BIP-Zahlen könnten nach oben revidiert werden, und die PCE-Inflationsdaten umfassen die volatilen Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie, die von den Notenbankern lieber ignoriert werden; (die PCE-Kernrate stieg um 5,2 %. Sie schließt die Preise für Lebensmittel und Energie aus). Aber auf den ersten Blick deuten diese beiden Datenpunkte auf Stagflation hin - geringes oder negatives Wachstum in Kombination mit hoher Inflation.

Da lässt sich nichts schönreden, egal wie viele Doppeldeutigkeiten man in eine Fundamentalanalyse einbauen will (und Finanzanalysten sind mitunter wirklich gut in "Doppeldeutigkeiten").

Jetzt sagen dieselben Bankökonomen, die für das erste Quartal ein Wachstum von 1,1 % erwartet hatten, dass man sich keine Sorgen machen müsse, weil die zugrunde liegende Nachfrage stark bleibe und das zweite Quartal einen Aufschwung bringen werde. So schrieben die Analysten der niederländischen Bank ING (AS:INGA) letzte Woche:

"Mit Blick auf das 2. Quartal sind wir zuversichtlich, dass die Wachstumszahlen besser ausfallen werden, obwohl die Finanz- und Geldpolitik weniger unterstützend wirkt. Während die Inflation die Kaufkraft beeinträchtigt, steigen die nominalen Einkommen stark an und es gibt ordentliche Beschäftigungszuwächse, die in Kombination die Ausgaben stabil halten können."

Das ist das kleine 1x1 der Wortklauberei. Gleichzeitig gehen Ökonomen davon aus, dass die Fed die Zinssätze sowohl auf ihrer Mai-Sitzung in dieser Woche als auch auf der Sitzung am 14. und 15. Juni um einen halben Punkt anheben wird. Diese Art von "aggressiven" Maßnahmen soll die Nachfrage dämpfen. Die ING will den Kreis unbedingt auch in einer eckigen Version präsentieren.

h2 EZB hinkt der Inflation hinterher; US-Rezession droht/h2

Wenn Stagflation schon schlimm genug klingt, dann klingt Rezession noch schlimmer. Das bekamen die Aktienmärkte am Freitag zu spüren, als die Anleger fluchtartig das Weite suchten. Technisch gesehen kommt es zu einer Rezession, wenn das BIP in zwei aufeinander folgenden Quartalen schrumpft, wir sind also bereits auf halbem Wege.

Jetzt die App holen
Werden Sie Teil der größten Finanz-Community der Welt
Downloaden

Die Ökonomen der Deutschen Bank (ETR:DBKGn) schätzen die Lage pessimistischer ein als ihre Kollegen bei der ING. Nachdem sie im April als erste Großbank eine Rezession vorausgesagt hatte, geht das deutsche Finanzinstitut, das in erheblichem Maße an der Wall Street tätig ist, nun noch einen Schritt weiter und prognostiziert eine "große Rezession" in den USA, nicht die milde, mit der sie ursprünglich gerechnet hatte.

Sie verweisen dabei auf die Geschichte und die Tatsache, dass die Fed bei der Bekämpfung der Inflation weiter hinter der Kurve zurückliegt als in den 1980er Jahren. Ohnehin sei es ihr bislang noch nie gelungen, selbst eine geringere Inflation ohne eine signifikante Rezession zu "korrigieren". Die Inflation, so schlussfolgern sie, wird so schnell nicht wieder verschwinden.

Inzwischen entschuldigt sich die Europäische Zentralbank dafür, dass ihre Inflationsprognosen so falsch waren. Die Inflation ist im April auf 7,5 % gestiegen, der sechste Anstieg in Folge und ein Rekordhoch für die Eurozone, was die Zentralbank unter Druck setzt, endlich etwas dagegen zu unternehmen.

Oh nein, sagten die EZB-Expert:innen, unsere Modelle haben den starken Anstieg der Energiepreise, die Störungen in der Lieferkette und die schnell wieder anziehende Nachfrage im Gefolge der Pandemie nicht vorhergesehen.

Nachdem EZB-Beamte unter Anleitung von Präsidentin Christine Lagarde, aber auch von Chefvolkswirt Philip Lane, bis vor kurzem die Notwendigkeit höherer Zinssätze verneint hatten, erwarten Analysten nun, dass die Zentralbank im Juli mit der Anhebung der Zinssätze beginnt - zwei weitere Anhebungen bis Jahresende sollen folgen.

Zwei Länder, die nicht dem Euroraum angehören, Großbritannien und Schweden, warten dagegen nicht auf ein Eingreifen der EZB. Es wird erwartet, dass die Bank of England diese Woche an ihren Mini-Zinsschritten von 0,25 Prozentpunkten festhält und ihren Leitzins zum vierten Mal hintereinander auf 1 % anhebt.

Schwedens Zentralbank hat sich letzte Woche von der Nullzinspolitik verabschiedet und den Leitzins auf 0,25 % angehoben. Damit liegt er erstmals seit 2014 wieder über Null. Die Riksbank erklärte, sie sei bereit, die Zinsen in diesem Jahr noch zwei- oder dreimal zu erhöhen, falls dies zur Bekämpfung der Inflation erforderlich sei.

 

Der Handel mit Finanzinstrumenten und/oder Kryptowährungen birgt hohe Risiken. Sie können Ihren Kapitaleinsatz vollständig oder teilweise verlieren. Die Kurse von Kryptowährungen sind extrem volatil und können von externen Faktoren wie finanziellen, regulatorischen oder politischen Ereignissen beeinflusst werden. Der Handel auf Margin erhöht das finanzielle Risiko.
Stellen Sie unbedingt sicher, dass Sie die mit dem Handel der Finanzinstrumente und/oder Kryptowährungen verbundenen Risiken vollständig verstanden haben und lassen Sie sich gegebenenfalls von einer unabhängigen und sachkundigen Person oder Institution beraten, bevor Sie den Handel aufnehmen.
Fusion Media möchte Sie daran erinnern, dass die auf dieser Internetseite enthaltenen Kurse/Daten nicht unbedingt in Realtime oder genau sind. Alle Daten und Kurse werden nicht notwendigerweise von Börsen, sondern von Market-Makern bereitgestellt, so dass die Kurse möglicherweise nicht genau sind und vom tatsächlichen Marktpreis abweichen können, was bedeutet, dass die Kurse indikativ und nicht für Handelszwecke geeignet sind. Fusion Media und andere Datenanbieter übernehmen daher keine Verantwortung für etwaige Handelsverluste, die Ihnen durch die Verwendung dieser Daten entstehen könnten.
Es ist verboten, die auf dieser Website enthaltenen Daten ohne die vorherige schriftliche Zustimmung von Fusion Media und/oder des Datenanbieters zu verwenden, zu speichern, zu reproduzieren, anzuzeigen, zu ändern, zu übertragen oder zu verteilen. Alle Rechte am geistigen Eigentum sind den Anbietern und/oder der Börse vorbehalten, die auf dieser Website enthaltenen Daten bereitstellen.
Fusion Media kann von den Werbetreibenden, die sich auf der Website befinden, anhand Ihrer Interaktion mit den Werbeanzeigen oder Werbetreibenden vergütet werden.

Abmelden
Sind Sie sicher, dass Sie sich abmelden möchten?
NeinJa
AbbrechenJa
Veränderung wird gespeichert