EZB und ZEW ohne nachhaltigen Einfluss auf die Kurse

 | 22.07.2016 09:15

Ihre Leitzinsen beließ die Europäische Zentralbank (EZB) unverändert. Für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte behielt sie den Zinssatz bei 0,00 Prozent und bei 0,25 Prozent für die Spitzenrefinanzierungsfazilität. Bei -0,40 Prozent blieb die Einlagefazilität, also der Strafzins, den Banken und Sparkassen zahlen müssen. Dass die EZB-Leitzinsen für längere Zeit und sogar weit über den Zeithorizont des Nettoerwerbs von Vermögenswerten hinaus auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden, davon geht der EZB-Rat weiterhin aus.

Am Anleihekaufprogramm auch keine Änderungen
Am Volumen der Ankäufe von Anleihen gab es darüber hinaus auch keine Änderungen. Unverändert bleibt der Umfang mit monatlich 80 Mrd. Euro bis Ende März 2017 bzw. insgesamt 1,74 Billionen Euro. Dass die Käufe erforderlichenfalls verlängert werden und in jedem Fall so lange anhalten, bis eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennbar wird, die mit dem Inflationsziel der EZB im Einklang steht, darauf wies die EZB erneut hin.
Im Vorfeld der Sitzung galt zwar eine erneute Zinssenkung bereits als unwahrscheinlich, vor dem Hintergrund des Brexit-Votums gab es jedoch Spekulationen über eine Änderung der Regeln für die Anleihekäufe. Aktuell darf die Notenbank keine Titel kaufen, deren Rendite unter dem Einlagenzins von minus 0,4 Prozent liegt. Da man hier Engpässe kommen sieht, waren einige Marktteilnehmer von einer Anpassung der Modalitäten ausgegangen.

An den Börsen spurlos vorüber ging der EZB-Zinsentscheid
Weil aber letztlich die mehrheitlichen Erwartungen des Marktes getroffen wurden, ging die Zinsentscheidung an den Börsen spurlos vorüber. Erst zur Pressekonferenz nach dem Zinsentscheid kam etwas mehr Bewegung in den Markt, auch wenn die Kurse auch dabei unter erhöhter Volatilität nahezu auf der Stelle traten.

Wie Mario Draghis die Dinge sieht
EZB-Chef Mario Draghi sagte in der Pressekonferenz, die vorliegenden Daten würden auf ein anhaltendes Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal 2016 hindeuten, auch wenn dieses unter der Rate des ersten Quartals liegen könnte. Die Wirtschaft erhole sich jedoch weiterhin in einem moderaten Tempo. Sie werde weiterhin vom relativ niedrigen Ölpreis gestützt. Die Inflation werde in den kommenden Monaten voraussichtlich niedrig bleiben, jedoch weiter anziehen und auch in 2017 und 2018 weiter steigen. Der Anstieg im Juni sei vor allem auf höhere Energiepreise zurückzuführen. Das Brexit-Votum hätten die Märkte gut verkraftet, man könne die Auswirkungen auf die Wirtschaft jedoch erst besser beurteilen, wenn die Daten der kommenden Wochen und Monate zur Verfügung stünden. Das Wachstum der Geldmenge sei robust und die Kreditbedingungen für Unternehmen und Haushalte hätten sich weiter verbessert. Den schwarzen Peter schob Draghi erneut der Politik zu, weil diese das Tempo bei der Umsetzung von Strukturreformen erhöhen und den Stabilitäts- und Wachstumspakt einhalten müsse. Nur so können die geldpolitischen Maßnahmen ihre volle Wirkung entfalten.

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Für neue Informationen gibt es keine Quelle
Damit hat Herr Draghi eigentlich alles das sehr gut zusammengefasst, was Ihnen aus den vorangegangenen Ausgaben der “Börse-Intern” längst bekannt war. Insofern waren der Zinsentscheid sowie die Pressekonferenz keine Quelle für neue Informationen. Interessant war zusammenfassend lediglich, dass die EZB bzw. ihr Frontmann Draghi im Brexit-Votum derzeit kein kritisches Risiko für den Wachstumspfad sahen. Vielmehr hat man die Ruhe, die kommenden Daten abzuwarten.

Nach Brexit geht ZEW-Index in die Knie
Ganz anders sahen dies offenbar die meisten Finanzexperten. Denn der erste Stimmungsindikator, der seit dem Brexit-Votum veröffentlicht wurde, ist deutlich eingebrochen. So fielen die ZEW-Konjunkturerwartungen, die auf einer Umfrage unter 220 Analysten und Anlegern basiert, im Juli um 26 Punkte auf minus 6,8 Zähler und damit auf den niedrigsten Stand seit November 2012.