Feingold Research | 26.03.2019 09:46
Die Zinswende könnte länger auf sich warten lassen als gedacht. Diese Vermutung legen die jüngsten geldpolitischen Beschlüsse des EZB-Rats sowie die enttäuschenden Wirtschafts- und Inflationsprognosen der Notenbank nahe. Für Anleger führt also auch langfristig kein Weg an Aktien vorbei. Tägliche Produktideen und unsere Depots gibt’s hier. Als Grundbaustein für’s Depot legen wir ihnen den DAX-Bonus GA38DB von Goldman Sachs (NYSE:GS) ans Herz. Etwas Feuer bringt der Discount-Call MF8PBF auf den DAX ins Depot.
Wir stellen die ausführliche Analyse vom Blog der Citi vor:
“Auf der letzten geldpolitischen Sitzung vom 6. und 7. März 2019 hat der EZB-Rat aufgrund deutlich reduzierter Wachstums- und Inflationsprognosen einstimmig eine Reihe geldpolitischer Beschlüsse gefasst:
1) Der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität werden unverändert bei 0,00 Prozent, 0,25 Prozent beziehungsweise minus 0,40 Prozent belassen. Außerdem geht der EZB-Rat inzwischen davon aus, dass die EZB-Leitzinsen „mindestens über das Ende 2019“ auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden. Bislang war die Rede von „mindestens bis Ende des Sommer 2019“.
2) Die EZB beabsichtigt, die Tilgungsbeträge der im Rahmen des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten erworbenen Wertpapiere bei Fälligkeit weiterhin vollumfänglich wieder anzulegen.
3) Außerdem hat der EZB-Rat angekündigt, eine neue Reihe von vierteljährlichen längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (TLTRO-III) mit jeweils zweijähriger Laufzeit von September 2019 bis März 2021 durchzuführen.
4) Schließlich werden die Kreditgeschäfte des Eurosystems so lange wie erforderlich und mindestens bis zum Ende der Mindestreserve-Erfüllungsperiode, die im März 2021 beginnt, weiterhin als Mengentender mit Vollzuteilung durchgeführt.
Die Verschiebung der Zinswende nach hinten sowie der Start eines neuen TLTRO-Programms ist im Ergebnis eine weitere Lockerung der geldpolitischen Rahmenbedingungen im Euroraum. Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Maßnahmen allein ausreichen werden, um die Inflationserwartungen auf ein Niveau zu hieven, bei dem die EZB zu dem Entschluss kommt, die Zeit der negativen Zinsen zu beenden.
Das dritte TLTRO-Programm nach 2014 und 2016 dürfte das kreditwirtschaftliche Gesamtbild im Euroraum wahrscheinlich kaum verändern. Banken, die an der Maßnahme teilnehmen, können einen Betrag von bis zu 30 Prozent ihrer ausstehenden Kredite an Unternehmen und Verbraucher bei der EZB aufnehmen. Jedoch hat insbesondere der Bankensektor in Spanien und Italien diese Grenze bereits stark ausgereizt, weshalb die neuen Refinanzierungsgeschäfte hier nur im begrenzten Umfang zu einer höheren Nettonutzung führen dürften. Wir sind daher der Ansicht, dass von TLTRO-III für das Bankensystem kein großer Stimulus ausgehen wird, die Kreditvergabe auszuweiten. Vielmehr scheint die EZB mit dieser Maßnahme den Bankensektor entlasten zu wollen, da es die Institute in die Lage versetzt werden, sich kostengünstig zu refinanzieren. Ohne neue TLTROs würden die Fremdfinanzierungskosten der Banken vermutlich steigen.
Die Entscheidung des EZB-Rats, bereits im März neue TLTROs anzukündigen, dürfte nicht nur mit der signifikanten Kürzung der Wachstumsprognose für dieses Jahr zusammenhängen, sondern auch mit der Einschätzung, dass die „Risiken für die Wachstumsaussichten im Euroraum nach wie vor nach unten gerichtet“ sind. Obwohl die EZB die Rezessionswahrscheinlichkeit als „sehr niedrig“ einschätzt, geht sie in ihren Prognosen nun von einem längeren Zeitraum aus, in dem das BIP-Wachstum unter dem Potenzialwachstum bleiben wird. Die sich dadurch ergebende Produktionslücke könnte wiederum die Erreichung des Inflationsziels verzögern.
Entsprechend niedriger fallen die Inflationsprognosen der EZB aus. So wurden die Projektionen für die Kernrate 2019 bis 2021 um jeweils 0,2 Prozentpunkte gesenkt. Ähnlich deutlich haben die Notenbank-Experten ihre Projektionen für die gesamte Inflationsrate zurückgenommen, so dass die EZB ihren Zielwert von knapp 2 Prozent über den gesamten Prognosehorizont nicht erreicht. Selbst im vierten Quartal 2021 erwartet die Notenbank lediglich einen Wert von 1,6 Prozent. Das Ziel der Preisstabilität dürfte also bestenfalls erst 2022 erreicht werden, also ein Jahr später als ursprünglich anvisiert.
Bislang gingen wir davon aus, dass die EZB den Einlagenzins wahrscheinlich nach dem Sommer 2019 erhöhen wird. Die neuen Projektionen der EZB machen eine Anpassung unseres Szenarios notwendig. Wir gehen nunmehr davon aus, dass die Notenbank erst dann einen Zinserhöhungszyklus einleiten wird, wenn sich die Inflationsrate wieder nachhaltig in Richtung des Inflationsziels nach oben entwickelt und die EZB wieder zu einer weitgehend ausgewogenen Einschätzung für die Wirtschaftsentwicklung im Euroraum kommt.
Angesichts der Gefahr, dass sich die Wirtschaft im Euroraum auf absehbare Zeit nicht nennenswert erholt, wovon mit Blick auf eine sich eintrübende US-Konjunktur sowie einer nachlassenden Weltwirtschaft auszugehen ist, gehen wir davon aus, dass die EZB die Einlagenfazilität (aktuell: -0,4 Prozent) – wenn überhaupt – erst im ersten Quartal 2021 um 15 Basispunkte erhöhen wird. Was das weitere Timing betrifft, erwarten wir, dass drei Monate später, im Juni 2021, sowohl der Einlagenzins, der Hauptrefinanzierungszins (Leitzins) als auch die Spitzenrefinanzierungsfazilität um 25 Basispunkte angehoben werden. Weitere Zinsschritte um 0,25 Basispunkte könnten dann halbjährlich erfolgen. In diesem Szenario würde der Hauptrefinanzierungszins im Dezember 2022 bei 1,00 Prozent, der Einlagenzins bei 0,75 Prozent und die Spitzenrefinanzierungsfazilität bei 1,25 Prozent liegen. Wir denken, dass dieser Zeitraum und diese Niveaus der EZB genügend Spielraum geben werden, eine Strategie zu entwickeln, die Bilanzsumme abzubauen.”
Quelle: Citi, eigene
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