Geldanlage- Brief | 06.10.2014 16:28
In der Euro-Zone ist die Inflation auf 0,3 Prozent gefallen. Das ist der niedrigste Stand seit fast fünf Jahren und die Euro-Länder sind damit nicht mehr weit von einer gefährlichen Deflation entfernt. Das Treffen der Europäischen Zentralbank (EZB) am vergangenen Donnerstag stand daher unter einem besonderen Stern. Zuvor waren eigentlich keine neuen geldpolitischen Beschlüsse erwartet worden, die jüngsten Inflationsdaten hatten das Bild aber geändert. Doch die Spekulationen der Anleger wurden bitter enttäuscht.
Denn die EZB hat am Donnerstag keine zusätzlichen Maßnahmen beschlossen, sondern die bisherigen lediglich konkretisiert bzw. dazu (eingeschränkt) Details genannt hat. So will die EZB ihre Bilanz um bis zu eine Billion Euro ausweiten. Dies war aber längst keine Überraschung mehr. Überraschend war eher, dass die Notenbank keine konkreten Zahlen über die Höhe des Ankaufprogramms nennen wollte oder konnte. Sie teilte lediglich mit, dass sie für die Dauer von mindestens zwei Jahren von Banken Kreditpakete in wohl dreistelliger Milliarden-Höhe ankaufen wird.
Gefragt nach dem Umfang der Käufe, sagte Draghi, dass es schwer sei, eine konkrete Summe zu nennen. Der Markt, auf dem die EZB kaufe, sei bis zu eine Billion Euro groß, was aber nicht heiße, dass die EZB das alles kaufen werde. Eine Richtgröße sei die Ausweitung der EZB-Bilanzsumme bis auf das Niveau von Anfang 2012. Damals lag die Summe bei 2,5 bis 3 Billionen Euro, heute sind es knapp über 2 Billionen Euro.
Dabei will die Notenbank auch zu Papieren greifen, deren Rating unterhalb von „BBB-“ (sogenannte Ramschpapiere) liegt. Gemeint sind damit insbesondere Vermögenswerte aus Griechenland und Zypern, weil es dort keine Papiere mit einem höheren Rating gibt. Einige Experten hatten zuvor erwartet, dass die EZB ihr Aufkaufprogramm zunächst nur auf Papiere hoher Bonität beschränke. Immerhin will sich die EZB aber auf Papiere konzentrieren, die „einfach und transparent“ seinen. Und im Falle Griechenlands werde es Mechanismen geben, um die Risiken zu begrenzen.
Zudem wurde noch bekannt, dass der Kauf von Pfandbriefen (Covered Bonds) in der zweiten Oktoberhälfte beginnen soll, der Kauf von besicherten Kreditpaketen (Asset Backed Securities, „ABS“) im vierten Quartal dieses Jahres. Dies war für die Märkte aber nur eine Randnotiz. Ebenso, dass die Leitzinsen unverändert blieben.
Im Prinzip gab es also für die meisten Beobachter keine Überraschungen. Die EZB nimmt mit dem Ankauf von ABS – welcher Qualität auch immer – zwar enorme Risiken in ihre Bilanz, macht sich damit zu einer europäischen „Bad Bank“ und verlagert so die Risiken auf die Steuerzahler, doch den Spekulationen um Staatsanleihekäufe erteilte sie erneut eine Abfuhr. Einige Anleger mussten daher wohl ihre zuvor eröffneten spekulativen Positionen auflösen und es kam zu entsprechenden Turbulenzen an den Börsen, von denen sich die Aktienindizes erst zum Ende dieser Woche hin erholen konnten.
Wobei am Ende eigentlich nur die US-Indizes glänzen konnten, während Anleger an Europas Aktienmärkten weiterhin lange Gesichter machten. Denn der DAX konnte feiertagsbedingt (Tag der Deutschen Einheit) die Erholung am Freitag gar nicht mitmachen und liegt seit dem 19. September 2014 mit fast 7 Prozent hinten. Und der EuroStoxx bringt es im selben Zeitraum trotz der späten Kursgewinne vom Freitag immer noch auf einen Verlust von rund 5 Prozent.
Die Spekulationen über ein sogenanntes Quantitative Easing (QE) durch die EZB, also den Aufkauf von Staatsanleihen der Euro-Länder aufkaufen, reißen dennoch, auch trotz aller rechtlicher Bedenken, nicht ab. Nun werden Sie eben im kommenden Jahr erwartet. Mit dieser Meinung könnte man vielleicht sogar Recht behalten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird ab dem 14. Oktober darüber verhandeln.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar dieses Jahres geurteilt, dass der Kauf von Staatsanleihen ausgewählter Mitgliedsländer der Eurozone in unbegrenzter Höhe am Sekundärmarkt („OMT“) über die Befugnisse der EZB hinausgeht. Da bei einem festgestellten Verstoß die Souveränitätsrechte der Mitgliedsstaaten der Eurozone verletzt würden, hat man dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit und Auslegung des OMT-Programms zur Vorabentscheidung vorgelegt. Ein Urteil des EuGH wird indes erst in etwa einem Jahr erwartet.
Sollte der EuGH der EZB grünes Licht geben, dann wird Draghi sicherlich zu diesem Mittel greifen, sollte es die Situation dann noch erfordern. Denn in den vergangenen Jahren hatte die US-Notenbank Fed massiv auf QE gesetzt, um Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Und die US-Wirtschaft hat die Krise deutlich schneller hinter sich gelassen als die Euro-Zone. Es scheint sich also um ein probates Mittel zu handeln.
Vor dem Urteil dürfte die EZB dieses aber wohl nicht verwenden. Entsprechend gibt es kurzfristig von dieser Seite aus für die Märkte keine Hoffnung, was entsprechend die Kurse noch eine Weile belasten dürfte.
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