EU: Die Corona-Pandemie hat einen wesentlichen Beitrag zur Integration geleistet

 | 18.09.2020 13:53

Von Katharine Neiss, PhD, Chief European Economist, PGIM Fixed Income

Die fiskalischen Maßnahmen Europas auf die COVID-19-Krise stehen im deutlichen Kontrast zum Vorgehen des Kontinents in früheren Krisen.  Für eine Region, die für ihre politische Trägheit, Defizitängste und die schwierigen Beziehungen zwischen den Mitgliedsstaaten bekannt ist, ist es bemerkenswert, wie schnell, umfassend und koordiniert bei dieser Krise gehandelt wurde.  Die im Jahr 2020 bisher getroffenen fiskalischen Maßnahmen lassen sich als drei verschiedene, aufeinander aufbauende Maßnahmenbündel verstehen.  Aber alte Gewohnheiten lassen sich nur schwer ablegen.  Die jüngste Krise erhöht die Dringlichkeit struktureller Reformen und fiskalische Konsolidierung, wenn die Region auf einen nachhaltigen langfristigen Wachstumskurs gebracht werden soll. 

h2 Maßnahmenbündel Nr. 1: Notausgabenprogramme/h2

Die erste Welle der fiskalpolitischen Maßnahmen folgte in Europa fast unmittelbar auf die erste Infektionswelle.  Vor dem Hintergrund der sich ausbreitenden Epidemie setzten die EU-Behörden im März die Haushaltsregeln aus, um den nationalen Regierungen die Erhöhung der Notfallausgaben zu ermöglichen.  Bei dieser Aktion ging es darum, einen Zusammenbruch zu vermeiden: Da von staatlicher Seite in der gesamten Region Lockdowns angeordnet worden waren, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, war es dringend notwendig, Privathaushalte und Unternehmen zu unterstützen während die Wirtschaft quasi stillgelegt war.  Diese zusätzlichen fiskalischen Maßnahmen ergänzten die in der Region bereits vorhandenen sozialen Sicherheitsnetze aus Arbeitslosenversicherung, Krankengeld und Gesundheitsfürsorge, die automatisch greifen.  Die auf EU-Ebene geschaffene zusätzliche Flexibilität gab den nationalen Regierungen den Spielraum, diese bestehenden Mechanismen zu ergänzen, zum Beispiel durch Kurzarbeitsregeln.  Diese frühen nationalen Maßnahmen wurden im April durch die Verabschiedung eines EU-Notfallpakets in Höhe von 540 Milliarden Euro ergänzt, das eine Kreditlinie im Umfang von 240 Milliarden Euro aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus zur Deckung von Gesundheitskosten, finanzielle Unterstützung für Beschäftigungsausgleichsregelungen und kleine und mittlere Unternehmen sowie Pläne zur Schaffung eines europäischen „Erholungsfonds“ beinhaltete.  Diese Maßnahmen haben die Arbeitslosigkeit im Euroraum bislang bemerkenswert stabil und weit unter den Höchstständen gehalten, die in vergangenen Rezessionen oder im Rahmen der aktuellen Krise in den USA zu beobachten waren (Abbildung 1).

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Abb. 1: Arbeitslosenquote im Euroraum geringer als in früheren Rezessionen