Philip Hopf | 11.05.2023 13:20
Nein, es geht hier nicht um den Uranpreis, welchen wir seit Mitte April täglich für unsere Kunden analysieren. Sie haben das schon richtig gelesen, es geht um „eine Atombombe für unser Land“, zumindest wenn man einen gewissen Regierungspolitiker (Frank Schäffler, FDP) beim Wort nimmt. Gemeint war mit dieser ominösen und recht merkwürdigen Bezeichnung das Gebäudeenergiegesetz (GEG), welches zwar an sich keine große Neuerung darstellt, bald aber weitreichenden Veränderungen unterzogen werden soll.
Aber worum geht es bei diesem Gesetz und was sind die Neuerungen? Verkürzt formuliert ließe sich sagen: Das GEG legt die energetischen Vorgaben an Gebäude fest. Es gilt seit dem 1. November 2020 für alle Gebäude, die beheizt oder klimatisiert werden. Die Vorgaben beziehen sich „vorwiegend auf die Heizungstechnik und den Wärmedämmstandard des Gebäudes“, wie die Verbraucherzentrale informiert. Die im Raum stehende Veränderung ist nun folgende: Ab 2024, also ab nächstem Jahr, muss jede neu eingebaute Heizung in Deutschland mindestens zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das bedeutet also im Umkehrschluss, dass sämtliche Heizungen bzw. Heizungssysteme, welche diese Anforderung nicht erfüllen können, in naher Zukunft auch nicht mehr verbaut werden dürfen. So weit, so gut. Aber was ist daran jetzt das Problem?
„Das Problem ist, dass jetzt die Kosten explodieren […]“, gab da neulich Dr. Ralph Henger, (Immobilien-Experte, Institut der Deutschen Wirtschaft) zu Protokoll. Problematisch sei neben den aktuell hohen Anschaffungs- und Betriebskosten von Wärmepumpen vor allem auch der Umstand, dass die angedachten Reformen des GEG zur Unzeit kommen. Steigende Zinsen, hohe Baukosten, hohe Energiekosten – das seien allgemein keine günstigen Voraussetzungen. Außerdem bestehe ein „enormer Fachkräftemangel“, Hunderttausende Fachkräfte bräuchte es zusätzlich, beispielsweise in der Bauelektrik, aber auch in anderen Bereichen, um das geplante Vorhaben zeitnah durchzusetzen. Zudem ist es offenbar der Fall, dass aufgrund mangelnder Isolierung beziehungsweise Wärmedämmung rund 50 Prozent aller Wohngebäude in Deutschland für Wärmepumpen untauglich sind. „Je schlechter ein Gebäude gedämmt ist, desto schwieriger und unwirtschaftlicher wird der Einbau einer Wärmepumpe“, sagte dazu Peter Mellwig, Themenleiter für „Energieeffizienz bei Gebäuden“ beim Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU).
Es stellt sich natürlich auch die praktische Frage, wie dann im Einzelfall nachgewiesen werden kann, ob die Heizung tatsächlich mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie läuft – ob sie also zulässig ist oder nicht. Jedenfalls ist hier bereits die Rede von „entsprechend geschulten Fachmännern“, welche die Einhaltung der 65-Prozent-Regel vor Einbau bestätigen. Wenn zukünftig beispielsweise eine Gasheizung verbaut werden soll, welche zu weniger als 65 Prozent mit Biomethan oder anderen erneuerbaren Energien betrieben wird, dann müssten die einzelnen Deckungsanteile rechnerisch nachgewiesen werden und die restlichen 35 Prozent nachweislich aus einer anderen erneuerbaren Quelle stammen, zum Beispiel aus einer solarthermischen Anlage. Was jedoch paradoxerweise nicht nachgewiesen werden muss: Ob der Strom, welcher die zahlreich zu verbauenden Wärmepumpen betreiben soll, auch wirklich aus erneuerbaren Energien gewonnen wurde.
Womit wir schließlich bei der hauptsächlich proklamierten Alternative wären, nämlich der Wärmepumpe. In dieser Sache gibt es eine interessante Entwicklung: Der Marktführer Viessmann, einer der größten Produzenten von Wärmepumpen in Deutschland, verkaufte neulich, nur wenige Tage nach der Bekanntmachung der GEG-Erneuerung, seine gesamte Klimatechnik-Sparte einschließlich des Wärmepumpen-Geschäfts in die USA, genauer gesagt an die Carrier Global (NYSE:CARR) Corporation. Hierfür gingen 12€ Milliarden über den Tisch, größtenteils in Bar, aber auch in Form von Carrier-Aktien. Diese aufsehenerregende Verkaufsentscheidung wurde bereits als „irritierend“, oder auch als ein „Weckruf“ bezeichnet, dafür nämlich, dass Deutschland als Unternehmensstandort an Attraktivität eingebüßt haben könnte. Firmenchef Max Viessmann äußerte sich folgendermaßen dazu: „Das Zusammengehen mit Carrier ist ein Schritt für mehr Zukunftssicherheit, Wachstum und Relevanz.“ Und außerdem hinsichtlich der Sicherheit von Arbeitsplätzen: „Mit den Garantien, denen Carrier zugestimmt hat, gibt es heute mehr Sicherheiten als es vorher der Fall war. Zudem ist die Zukunftsperspektive eine deutlich bessere.“ Allem Anschein nach wird das große Wärmepumpen-Geschäft von Viessmann also in den USA gemacht werden. Der deutsche Wirtschaftsminister äußerte sich hierzu übrigens folgendermaßen: „Wir werden uns das Vorhaben im Rahmen der vorgesehenen Prüfschritte anschauen und sind im Gespräch mit dem Verkäufer und dem Investor, damit das Projekt unserer Wirtschaft und dem Standort Deutschland dient“.
Und wie geht es jetzt weiter mit dem GEG? Der entsprechende Beschluss des Bundeskabinetts liegt schon mehrere Wochen in der Vergangenheit. Die erste Lesung im Parlament soll nun am 25. Mai stattfinden – und noch im Juni soll der Bundestag dann abschließend zustimmen.
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