Draghi fährt schwere Geschütze auf und verschreckt die SNB

 | 05.09.2014 13:40

In einer Überraschungsaktion hat die EZB während ihrer September-Sitzung alle drei Zinssätze um 10 Basispunkte gesenkt; der Hauptrefinanzierungssatz wurde auf 0,05% zurückgenommen, der Spitzenrefinanzierungssatz auf 0,30% und der Einlagensatz auf -0,20%. Zudem hat Herr Draghi eine Stärkung der geldpolitischen Anreize eingeführt, u. a. ABS (Kreditverbriefungen) und verdeckte Staatsanleihenkäufe ab November 2014. Nach der Bekanntgabe wurde der EUR aggressiv abverkauft, der EUR/CHF fiel auf 1,20449, was Spekulationen für eine SNB-Reaktion Raum gab, sofern der Boden bei 1,20 in Gefahr geraten sollte.

Die EZB wird ABS und verdeckte Staatsanleihen kaufen.

Überraschend hat die EZB gestern bekannt gegeben, dass sie ab November dieses Jahres private Kredite kaufen wird. Die EZB möchte ihre Bilanz in Richtung der Niveaus von 2012 steuern. Die aktuelle Bilanz enthält Vermögenswerte im Wert von bis zu 2,04 Billiarden Euro, im Vergleich zu durchschnittlich ca. 3 Billiarden Euro im Jahr 2012 (zwischen 2,6 bis 3,1 Brd. Euro). Das bedeutet, dass die EZB in den kommenden Monaten einen erheblichen Betrag für private Kreditkäufe aufwenden wird. Dieser Eingriff wird für einen längeren Zeitraum deutliche Aufwirkungen auf den EUR haben. Die eingeführten Maßnahmen "dienen der Kreditlockerung" so Draghi. Idealerweise sollten die Käufe von ABS und verdeckten Staatsanleihen die TLTROS (bekannt gegeben auf der Juni-Sitzung und effektiv ab September/Dezember 2014) verstärken, und sie werden Raum in den Bilanzen der Banken freimachen, um über die so genannten TLTROs Kredite an Nichtfinanzinstitute zu verleihen. Trotz negativer Andenken an die Verbriefung von Krediten in Wertpapierform (erinnern Sie sich, dass die Subprime-Krise 2008 einen Zusammenbruch der CDOs ausgelöst hat), ist Draghi positiv gestimmt und der Meinung ist, dass die Verbriefung von Wertpapieren ordnungsgemäß durchgeführt werden kann. Die ABS-Käufe der EZB sind transparent, so Draghi, doch der Markt wird mehr regulatorische Feinabstimmung brauchen, um das Vertrauen der Anleger in diese Produkte vollständig herzustellen. Derzeit wird die EZB nur die Senior- und Mezzanine-Tranchen mit Garantie kaufen. Dies gilt nicht wirklich als QE, da wir uns in dieser speziellen Konfiguration nicht auf die staatliche Zinssatzkurve beziehen. Da die untere Grenze der Zinssätze erreicht ist (wie Draghi in seiner Rede gestern betonte), sollte sich die EZB gegebenenfalls die Türe für weiter erforderliche Maßnahmen offen halten, womit der Kauf von Staatsschulden eventuell der nächste Schritt sein könnte.

"Inflationserwartungen bleiben verankert"

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Als Antwort auf den starken Rückgang der Inflationserwartungen sagte Draghi, dass die aktuell niedrige Inflation nichts weiter als eine "temporäre Abweichung" darstellt. Es wird erwartet, dass die Inflation für eine gewisse Zeit niedrig bleiben wird. Die EZB sieht eine schrittweise Verbesserung in den Jahren 2015 und 2016. Laut Draghi steht uns keine Deflation bevor. Die Geldpolitik alleine könne jedoch keine Wunder vollbringen. Die Steuerpolitik und begleitende Strukturreformen sollten die EZB bei ihrem Kampf gegen die gedämpften Preisdynamiken unterstützen und eine moderate Erholung in der Eurozone einleiten.

Die negative Korrelation von EUR/CHF im Vergleich zum EUR/USD nimmt ab.

Der EUR/CHF ist nach der Stärkung der unorthodoxen Politikmaßnahmen der EZB auf 1,20449 abgerutscht. Die negative Korrelation zwischen EUR/USD und EUR/CHF (rollierend auf 40 Tage berechnet) ist von -40% auf -10% abgefallen. Diese Bewegung steht perfekt im Einklang mit dem, was wir bei Eingriffen der EZB auch in der Vergangenheit gesehen haben. Die Intervention vom Juni hatte die Korrelation zwischen EUR/USD und EUR/CHF auf Niveaus abgeflacht, bei denen diese Paare fast ohne Korrelation dastanden. Wir glauben, dass sich die negative Korrelation wieder auf signifikante Niveaus zurückbildet. Und wir haben Gründe, das zu glauben. In der Tat sind die Zinssatzfutures sofort nach der Bekanntgabe der Zinssatzsenkung durch die EZB über den Nennwert gesprungen, da die Märkte ihre Positionen aufgrund von steigenden Spekulationen für eine SNB-Reaktion angepasst haben. Sollte der Verkaufsdruck auf den EUR/CHF den von der SNB eingezogenen Boden bei 1,20 gefährden, wird eine Gegenintervention der SNB unvermeidlich werden. Deshalb sehen wir bärische Versuche als interessante Kaufmöglichkeiten bei Rücksetzern an.