Dow Jones: starke Wirtschaft, starke Kurse

 | 09.06.2016 10:10


Groß zu sein scheint derzeit die Verwirrung um den US-Arbeitsmarktbericht und das anschließende Kursverhalten. Die Medien, die sich stets große Mühe geben, Gründe für bestimmte Kursentwicklungen zu suchen, haben sicherlich auch einen Beitrag dazu geleistet. Zu eher grotesken Ergebnissen („Kurse machen Nachrichten“) kommt es dabei aber leider immer wieder.

Wegen mangelnder Zinserhöhungsfantasie fallende Kurse
Dass der schwache Stellenaufbau die Zinserhöhungsfantasie zerstört habe, konnte man kurz nach dem US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag vielfach lesen. Die Kurse seien daher gefallen. Sie sollten hier kurz innehalten: Hat bis jetzt nicht immer die Aussicht auf anhaltend billiges Geld die Kurse getrieben?
Am Dienstag bediente man sich dann auch wieder dieser Theorie: Wegen mangelnder Zinserhöhungsfantasie steigende Kurse.

Am Montagabend (MEZ) hielt die Chefin der US-Notenbank, Janet Yellen, in Philadelphia eine Rede. Laut Medienberichten habe in dieser Rede der bisherige Passus gefehlt, dass Zinserhöhungen „in den kommenden Monaten“ angebracht seien. Zudem habe Yellen die Entscheidung in Großbritannien über einen möglichen Austritt aus der EU als risikoreich für die Weltwirtschaft bezeichnet. Damit sei eine Zinsanhebung am 15. Juni, also noch bevor die Briten am 23. Juni über ihre Mitgliedschaft in der EU abgestimmt haben, nahezu ausgeschlossen. Entsprechend seien die Kurse am Dienstag gestiegen, so das Fazit der Medien.

Steigen und fallen Kurse wegen derselben Ursache?
Fassen wir die Aussagen der Medien kurz zusammen: Am Freitagsind die Aktienkurse gefallen, weil die Zinsen angesichts des schwachen Arbeitsmarktberichts wohl erst später angehoben werden. Und am Dienstag sind die Kurse gestiegen, weil die Rede von Janet Yellen auf einen späteren Zinsanhebungstermin hindeutete. Aus ein und demselben Grund (spätere Zinsanhebung) sollen also laut der Medien die Aktienkurse am Freitag gefallen und dann am Dienstag gestiegen sein?

Hört, hört… Wegen schwachem Stellenaufbau fallende Kurse
Bringen wir ein wenig Ordnung ins Chaos: Die plausiblere Erklärung für das jüngste Auf und Ab ist, dass die Anleger Konjunkturdaten, die auf einen anhaltenden Wirtschaftsaufschwung in den USA hindeuten, inzwischen positiver für den Aktienmarkt werten als weiterhin billiges Geld der Notenbank. Entsprechend wurde der schwache Stellenaufbau im Mai am Freitag mit fallenden Kursen begleitet.

Wegen optimistischem Wirtschaftsausblick steigende Kurse
Doch wie gestern hier in der „Börse-Intern“ beschrieben, war diese Kursreaktion übertrieben, weil der schwache Stellenaufbau nur ein Mosaiksteinchen im insgesamt weiterhin positiven Gesamtbild der US-Wirtschaft ist. Und passend dazu sagte Yellen in ihrer Rede auch, dass der jüngste US-Arbeitsmarktbericht zwar enttäuschend gewesen sei, man einem einzelnen Bericht aber nicht zu große Bedeutung beimessen dürfe. Sie gehe davon aus, dass die Konjunktur moderat an Fahrt gewinne und sich der Arbeitsmarkt weiter verbessere. Die positiven Aspekte des Wirtschaftsausblicks würden die negativen Seiten überlagern, sagte Yellen. Trotz der zuletzt schwachen Daten vom US-Arbeitsmarkt bleiben Zinserhöhungen daher laut Yellen weiter auf der Agenda. Eine graduelle Anhebung des Leitzinsniveaus sei angemessen, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung weiter günstig erweist.

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Und so war es aus meiner Sicht der eher optimistische Blick von US-Notenbankchefin Janet Yellen auf die US-Konjunktur, der am späten Montag und frühen Dienstag (MEZ) zu einer deutlichen Kurserholung führte, die den Arbeitsmarktschock vollständig egalisierte. – Aber beurteilen Sie gerne selbst, welche Erklärung zum jüngsten Auf und Ab der Aktienkurse Sie für plausibler halten. Den Originaltext von Yellens Rede finden Sie dazu hier (hier klicken) .

Wieder ein Stück länger ist die Reihe positiver Konkjunkturdaten
Übrigens: Laut aktuellen Zahlen, die am Freitag nach dem US-Arbeitsmarktbericht wohl etwas untergegangen sind, ist der Auftragseingang der US-Industrie im April um 1,9 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. Zudem wurde der Anstieg im März von 1,5 Prozent auf ein Plus in Höhe von 1,7 Prozent nach oben revidiert. Und den Ordereingang bei langlebigen Wirtschaftsgütern im April bestätigte das US-Handelsministerium mit plus 3,4 Prozent. Auch diese Frühindikatoren deuten auf ein anhaltendes Wirtschaftswachstum in den USA hin, womit sie sich in die lange Reihe positiver Daten einfügen.

An neuen Allzeithochs arbeiten S&P 500 und Dow Jones
Vor dem Hintergrund eines wirtschaftlich positiven Ausblicks für die USA ist es auch verständlich, dass sich die US-Indizes auf einem relativ hohen Niveau befinden. Während die Aktienmärkte in Asien und Europa noch deutlich hinterherhinken, arbeiten der S&P 500 (siehe „Börse-Intern“ vom vergangenen Montag) und der Dow Jones (siehe folgender Chart) bereits am Sprung auf neue Allzeithochs.

Aufwärtstrend seit 2009 - Dow Jones
Der 30 Werte umfassende Dow Jones befindet sich schon seit März 2009 in einem Aufwärtstrendkanal (grün). In dessen Verlauf hatte er schon im März 2013 das Allzeithoch aus dem Jahre 2007 bei 14.198,1 Punkten (grüne horizontale Linie) überwunden und im Mai 2015 das aktuelle Allzeithoch bei 18.351,36 Punkten (rote Linie) markiert.