Die Dow-Jones-Umgestaltung erscheint etwas willkürlich. Hier ist der Grund

 | 27.08.2020 12:17

Okay, vielleicht ist es nicht ganz so schlimm. Aber es sind sicherlich seltsame Zeiten für den Dow Jones, dem ältesten noch bestehende Aktienindex der USA. Das Komitee, das den Dow Jones Industrial Average betreut, hat den Index gerade wieder einmal geändert.

Wenn der S&P 500 umgestellt werden muss, weil ein Unternehmen in Konkurs geht, übernommen wird oder mit einem anderen fusioniert, ist der Effekt relativ gering. Aber wenn ein Index, der nur 30 Aktien umfasst und preis- statt kapitalgewichtet ist, diesen Schritt macht, sieht es etwas skurril aus. Will man nur zu den repräsentativeren Benchmarks wie dem S&P 500 oder dem NASDAQ aufschließen?

Das Komitee, das den Dow Jones Industrial Average organisiert, hat am Montag beschlossen, drei der 30 Standardwerte, die im Vergleich zu ihren Nachfolgern relativ günstig sind, aus dem Index zu nehmen.

Dies ist sicherlich nicht das erste Mal, dass solche Änderungen umgesetzt wurden. Und oft macht es Sinn. Ein Index sollte die aktuellen Realitäten widerspiegeln; er sollte sich im Verlauf der Zeit mit den Veränderungen in den USA anpassen.

Von den 100 größten Unternehmen in den USA im Jahr 1917 überlebten beispielsweise nur 15 als Mitglieder der Top 100 heute. Die anderen durchliefen schwere Zeiten und wurden von anderen Unternehmen aufgekauft, gingen in Konkurs oder existieren noch immer, jedoch als erheblich kleinere Akteure.

Die Liste der Top 100 von 1917 enthielt einige bekannte Namen wie AT&T (NYSE:T), Exxon (NYSE:XOM), Chevron (NYSE:CVX), General Electric (NYSE:GE), Ford (NYSE:F), Kodak (NYSE:KODK) und Sears (OTC:SHLDQ). Dazu gehörten auch Unternehmen wie American Car and Foundry, Baldwin Locomotive, Willys Overland, Studebaker, Central Leather, American Woolen und Cuba Cane Sugar. Natürlich sollten der Index geändert werden, wenn ein Unternehmen in Konkurs geht, von einem anderen Unternehmen gekauft wird oder die Anforderungen der Börse nicht mehr erfüllt.

Gleichwohl sollte die Entscheidung, Unternehmen eines Index mit nur 30 Werten zu ändern, nicht leichtfertig getroffen werden. Sind Raytheon (NYSE:RTN), Exxon oder Pfizer (NYSE:PFE) vom Konkurs bedroht? Vielleicht eines Tages, aber dieser Tag ist wahrscheinlich noch in weiter Ferne, wenn es überhaupt dazu kommt.

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Warum ist das wichtig? Weil der DJI (oder "The Dow") nach wie vor die am häufigsten zitierte Referenzgröße ist, so dass er für den Durchschnittsanleger, der keine Zeit hat, den Markt stündlich zu verfolgen, eine größere Rolle spielt.

Wenn jemand fragt: "Wie gehts dem Markt" oder ein TV-Moderator, der seinen Teleprompter liest, sagt: "Heute hat der Markt bei xyz geschlossen", dann ist es der Dow, über den sie typischerweise berichten. Was seltsam ist, da es der am wenigsten aussagekräftigste Index von allen ist...

Der DJI setzt sich nämlich aus nur 30 der Tausenden US-Unternehmen zusammen, die an diversen Börsen gelistet sind. Außerdem ist er "preisgewichtet" und nicht nach Marktkapitalisierung ("Market Cap") gewichtet, so dass er nicht einmal widerspiegelt, wie viele Aktien zu welchem Preis im Umlauf sind.

Und schließlich sind die Auswahlkriterien willkürlich und teils geheimnisumwoben. Von Zeit zu Zeit trifft sich ein Ausschuss, um zu entscheiden, ob die derzeit 30 Unternehmen das Geschehen in der Investmentlandschaft am besten repräsentieren. Wenn ja, bleiben die DJI-Komponenten gleich. Ist dies nicht der Fall, rollen Köpfe, und der Ausschuss ersetzt sie durch ein anderes Unternehmen. In der Vergangenheit galten diese Entscheidungen als äußerst schwierig und wurden oft nur deshalb getroffen, weil ein Unternehmen von einem anderen übernommen wurde.

Doch allein in den letzten 7 Jahren wurden 9 Unternehmen durch neun andere ersetzt.

Im Jahr 2013 wurden Alcoa (NYSE:AA), Bank of America (NYSE:BAC) und Hewlett-Packard (NYSE:HPQ) durch Goldman Sachs (NYSE:GS) (NYSE:{266|GS}}), Nike (NYSE:NKE) und Visa (NYSE:V) ersetzt. Gutes Timing. Die drei letztgenannten, die alle zum Zeitpunkt der Umgestaltung zu höheren Preisen angeboten wurden, haben viel besser abgeschnitten als die drei erstgenannten. (Denken Sie daran, dass dies ein "preisgewichteter" Index ist).

Im Jahr 2015 wurde AT&T aus dem DJI herausgenommen und durch Apple (NASDAQ:AAPL) ersetzt. Das war damals ein echter Coup. Apple hat in dieser Zeit enorm zugelegt.

Im Jahr 2018 wurde dann General Electric fallen gelassen und durch die Walgreens Boots Alliance (NASDAQ:WBA) ersetzt. Was macht Walgreen's repräsentativer als ein Industrieunternehmen, das seine Finger in so vielen Bereichen hat?

Am vergangenen Montag hat das Komitee, das den Dow Jones Industrial Average betreut, Exxon Mobil, Pfizer und Raytheon Technologies (NYSE:RTX) aus dem Index genommen. Ersetzt wurden die Unternehmen, die 10% der Gesamtzahl der Firmen Dow ausmachten, durch Salesforce.com (NYSE:CRM), Amgen (NASDAQ:AMGN) und Honeywell (NYSE:HON).

Als einer der Gründe für diese Veränderung gilt der wahrscheinlich schrumpfende Einfluss von Apple (auf den Index) nach seinem baldigen Aktiensplit. Für "das Komitee" bedeutet dies wohl, dass der Dow mehr Technologievertreter in seinem Vergleichsindex benötigt, weshalb man sich für Salesforce.com entschied.

Aber ist das wirklich so? Apple, Cisco (NASDAQ:CSCO), IBM (NYSE:IBM), Intel (NASDAQ:INTC) und Microsoft (NASDAQ:{{MSFT} ) machen 23% des Index aus. Aufgrund des Apple-Aktiensplits wird dieser Anteil auf etwa 19% - vor Salesforce.com - sinken. Braucht der Dow Jones also wirklich mehr Technologiewerte?

Was sagt der Dow-Jones-Ausschuss dazu?

"Die angekündigten Änderungen tragen dazu bei, den Rückgang [infolge des Apple-Splits] auszugleichen. Darüber hinaus helfen sie, den Index zu diversifizieren, indem sie Überschneidungen zwischen Unternehmen ähnlicher Größe eliminieren und neue Arten von Geschäften aufnehmen, die die amerikanische Wirtschaft besser widerspiegeln".

Hierzu hätte ich eine Frage: Welche "neue Arten von Geschäften"? Amgen und Pfizer sind beide pharmazeutische Unternehmen und Honeywell und Raytheon sind beide Luft- und Raumfahrt- sowie Verteidigungsunternehmen. Salesforce ist Technologie. Soviel zu neuen Unternehmensformen.

Werden diese Änderungen vorgenommen, weil, sagen wir, Honeywell repräsentativer für seinen Sektor ist als Raytheon? Ist Amgen repräsentativer für die pharmazeutische Industrie als Pfizer? Oder sind deren Aktien Stand heute einfach besser unterwegs?

Wenn Sie meinen, dass hier viel Lärm um Nichts gemacht wird, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Wenn wir uns fragen "Wie geht es dem Markt?", müssen wir daran denken, dass der DJI vor 7 Jahren ein ganz anderer Index war als noch am Montag, denn 9 seiner 30 Komponenten haben sich in dieser kurzen Zeitspanne verändert.

In all meinen Artikeln werde ich weiterhin den S&P 500 als den aussagekräftigsten Referenzindex zitieren, an dem man die Performance eines Investors am besten messen kann. Allerdings nur in Zeiträumen von 3-5 Jahren oder länger.

Ihr persönlicher Maßstab sollte lauten: "Bin ich meinen Zielen näher als vor x Jahren" und nicht: "Habe ich den Dow heute geschlagen?"

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