Die unterschätzte Ansteckungsgefahr der europäischen Energiekrise

 | 17.03.2022 09:28

Der Energieschock scheint derzeit noch europäisch zu sein. Sollte der Anstieg der Energiepreise allerdings struktureller Natur sein, könnte das Wachstum negativ beeinflusst werden. Ein Gewinnrückgang ist zwar in den europäischen Aktienkursen eingepreist, nicht aber eine Ansteckung auf den Rest der Welt. 

Der russische Angriff auf die Ukraine zog als vorhersehbare Folge einen Anstieg der Rohstoffpreise nach sich. Wird diese Energiekrise die Wirtschaft in eine Rezession treiben, die an die Rezession der späten 1970er Jahre anknüpft? Zunächst einmal scheint der Energiekrise geografisch asymmetrisch zu sein. Abbildung 1 stellt die historischen Energierechnungen in Prozent des BIP für die USA und Europa dar. Der letzte Datenpunkt wird anhand der regionalspezifischen Preise für einmonatige Futures geschätzt, während die historischen Zahlen auf den Jahrespreisen beruhen. Auf den ersten Blick scheint sich Europa gegenüber den USA in einem erheblichen Wettbewerbsnachteil zu befinden, da die Gaspreise in Europa infolge des Konflikts explodiert sind. Bei den derzeitigen Preisen könnte Europa einen Energieschock erleiden, dessen Ausmaß mindestens dem der Energiekrise Ende der 1970er Jahre entspricht, die durch die Abwertung des Euro noch verschärft wurde. Die Energierechnung könnte somit etwa 8-10 % des BIP ausmachen. Auch wenn die derzeitigen Preise hoch sind, können sie je nach Saisonalität (Ende des Winters) oder je nach den Lösungen der Europäischen Union für den Ersatz des russischen Gases variieren. In jedem Fall scheint diese Energiekrise nur eurozentrisch und nicht global zu sein.

Abbildung 1. Historische Energiekosten in % des BIP