Die Aussichten werden immer düsterer

 | 18.03.2020 10:50

Die Aussichten für die (Börsen-)Welt erscheinen derzeit extrem düster. Es gibt kaum noch positive Nachrichten. Und die negativen Nachrichten überschlagen sich. Durch die inzwischen sehr drastischen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus werden die Belastungen für die Wirtschaft immer größer. Und wie sich die Maßnahmen tatsächlich auswirken, lässt sich natürlich am ehesten im augenscheinlichen Ursprungsland China ablesen.

Coronavirus-Krise übertrifft die Finanzkrise

Nachdem bereits die Einkaufsmanagerdaten als Frühindikatoren einen Einbruch der chinesischen Wirtschaft erwarten ließen (siehe Börse-Intern vom 4. März ), zeigen nun auch die harten Fakten, dass wir es derzeit mit einer Krise zu tun haben, die zweifelsfrei in die Geschichtsbücher eingehen wird. Und dabei wird zu lesen sein, dass der Schock für die weltweite Konjunktur durch die Coronavirus-Epidemie in vielen Bereichen größer war als der durch die globale Finanzkrise.

Chinas Industrieproduktion sank jedenfalls im Januar und Februar um 13,5 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das war der schwächste Wert, der jemals gemessen wurde, seit die Aufzeichnungen 1990 begannen. Die Investitionen brachen in den ersten beiden Monaten sogar um 24,5 % ein. Und der Einzelhandel meldete einen Umsatzeinbruch von 20,5 %, was ebenfalls die schlechteste Bilanz seit Jahrzehnten ist. Die Arbeitslosenquote kletterte von 5,2 % im Dezember auf 6,2 % im Februar und erreichte damit auch einen neuen Rekordwert seit der Veröffentlichung offizieller Aufzeichnungen.

Wachstumserwartungen werden fleißig nach unten geschraubt

Kein Wunder also, dass die Bundesregierung inzwischen davon ausgeht, dass die Wirtschaftskraft Deutschlands in diesem Jahr als Folge der Coronavirus-Krise sinken wird, und die EU-Kommission für das Bruttoinlandsprodukt der Europäischen Union (EU) ein Minus von 1 % in diesem Jahr voraussagt. Weitere Abwärtsrevisionen sind allerdings wahrscheinlich, da Regierungen gerne erst mit den negativen Nachrichten rausrücken, wenn es sich nicht mehr vermeiden lässt. Aus EU-Kreisen war bereits zu hören, dass man schon von einem Rückgang des BIP von rund 2,5 % ausgehe. Zuletzt hatte die EU noch ein Wachstum von 1,4 % für 2020 veranschlagt.

Die Analysten von Goldman Sachs rechnen derweil für das Bruttoinlandsprodukt der USA mit einem Rückgang um 0,5 % im 2. Quartal 2020. Für das 1. Quartal erwartet das Geldhaus nur noch eine Stagnation. Für das 3. Quartal erhöhte das Finanzinstitut allerdings seine Wachstumsprognose auf 3 %, von zuvor 1 %. In diesem positiveren Ausblick spiegeln sich die erwarteten Aufholeffekte wider.

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Was wäre wohl ohne Zinssenkung passiert?

Angesichts dieser Daten, Entwicklungen und Erwartungen verwundert es kaum noch, dass es die US-Notenbank derzeit eilig hat. Viele Marktteilnehmer haben das Timing der jüngsten Fed-Zinssenkung am späten Sonntagabend (MEZ) kritisiert, da die Notenbank damit die Panik am Markt angeblich noch verstärkt habe. Man sollte sich allerdings auch die Frage stellen, wo die Märkte am Montag gegebenenfalls ohne den drastischen Zinsschritt gelandet wären. Man wird es natürlich nicht erfahren, daher lohnt hier keine Diskussion.

Übrigens hat die Fed nicht nur in der vergangenen Woche bereits 1,5 Billionen Dollar in das Bankensystem gepumpt und am Sonntag den Leitzins um einen ganzen Prozentpunkt gesenkt, sie hat sogar das QE-Programm wieder anlaufen lassen. Damit will die Notenbank in den kommenden Wochen mindestens 700 Milliarden Dollar in die Hand nehmen und damit ihre Bilanz massiv aufblähen. Mit 500 Milliarden sollen Staatsanleihen und mit 200 Milliarden Dollar Hypothekenpapiere gekauft werden.

Mit derartigen Kaufprogrammen hatte die US-Notenbank die Rezession der Finanzkrise bekämpft. Dass diese Maßnahmen nun erneut ergriffen werden, zeigt, dass wir uns wieder ein einer ähnlich großen (bzw. gar noch größeren) Krise befinden. Und mit der Zinssenkung und der Ankündigung der Wiederauflegung des Anleihekaufprogramms hat sie am Sonntag vielleicht Schlimmeres verhindert.

Finanzsystem hat offenbar große Probleme

Zumal es auch noch die Meldung gab, dass sich die Notenbanken Fed, EZB, die kanadische Notenbank, die Bank von England, Japans Notenbank und die Schweizerische Nationalbank zusammengetan haben, um in einer koordinierten Aktion die Versorgung mit günstigen Dollar-Krediten sicherstellen. Die sechs Notenbanken vereinbarten, zusätzlich zu bereits angebotenen Kreditgeschäften mit einwöchiger Laufzeit nun auch wöchentlich die Weltleitwährung mit einer Laufzeit von 84 Tagen in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich anzubieten. Zudem sollen die Preise bei bestehenden Dollar-Devisentauschabkommen um 25 Basispunkte gesenkt werden.

Damit soll „das reibungslose Funktionieren der US-Dollar-Finanzierungsmärkte" gestützt werden, erklärte die EZB dazu. Und die Vereinbarung solle zum Abbau von Anspannungen auf den globalen Finanzierungsmärkten beitragen sowie negative Folgen für die Kreditversorgung von Haushalten und Firmen im In- und Ausland abmildern. – Offenbar hat das weltweite Finanzsystem derzeit wieder enorme Probleme, die ebenfalls an die Finanzkrise erinnern.

Aktienmärkte brechen einen Negativ-Rekord nach dem anderen

Und diese drücken aktuell in einer nie dagewesenen Art und Weise auf die Börsenkurse. Durch den rasanten Kursabsturz wurden die Volatilitätsindizes VDAX und VSTOXX mit mehr als 86 bzw. fast 89 Punkten auf neue Rekordhochs katapultiert. Und der DAX hat binnen nur vier Wochen von seinem Rekordhoch bei 13.795,24 Punkten bis zum aktuellen Crash-Tief von vorgestern bei 8.255,65 Zählern mittlerweile mehr als 40 % verloren. So schnell und weit ging es für den deutschen Leitindex noch nie bergab.

Der DAX steht kurz vor einem extrem bearishen Signal

Mit dem aktuellen Kursniveau steht der DAX so tief wie seit Herbst 2013 nicht mehr. Und er notiert nur noch wenige Punkte oberhalb der ehemaligen Allzeithochs aus den Jahren 2000 (8.136,16) und 2007 (8.151,57).