Der nächste Spezialist

 | 04.08.2022 18:13

Sie erinnern sich vielleicht an den Artikel vom 4. Juli, also vor genau einem Monat. In diesem Artikel ging es um einen Tweet des nordamerikanischen Präsidenten, welcher die Tankstellenbetreiber aufforderte, ihren Kunden den Kraftstoff zum Einkaufspreis anzubieten, sodass nicht einmal operative Kosten der Tankstellen gedeckt werden könnten. Natürlich tat dies niemand, aber die Forderung an sich war ja schon grotesk genug. Apropos grotesk, nun kommt UN-Generalsekretär Antonio Guterres um die Ecke und stellt ähnlich merkwürdige Forderungen an den Ölmarkt.

Guterres beschreibt das Verhalten der Ölkonzerne als „groteske Gier“ und bezieht sich darauf, dass diese Unternehmen in diesem Jahr Rekordumsätze verbucht haben. Es wäre wohl nicht moralisch, in einer Zeit der globalen Energiekrise so massive Profite davonzutragen. Allein Exxon Mobil (NYSE:XOM), Chevron (NYSE:CVX), Shell (ETR:R6C0) und Total (EPA:TTEF) haben im letzten Quartal insgesamt über $51 Milliarden eingenommen. Bei Saudi Aramco (TADAWUL:2222) führten die Preise dazu, dass es Apple (NASDAQ:AAPL) wieder einmal als das wertvollste Unternehmen entthronte. Das ginge laut Guterres wohl nicht und die Staaten sollen wohl zusehen, diese Gewinne zu versteuern. Natürlich untermalte er diese Aussage mit Referenzen zur Unterdrückung ärmerer Länder sowie dem Klimawandel.

All diese Aussagen können eigentlich nur als eine gesellschaftliche Beschwichtigungsmaßnahme gewertet werden. Ölkonzerne beuten arme Regionen schon seit eh und je aus. Bei dem Shell-Skandal in Nigeria hat sich die Staatengemeinde nicht so ins Zeug gelegt, das Desaster zu beenden. 13 Jahre hat es gedauert bis Shell die Bauern im Niger-Delta für die jahrelange Verschmutzung entschädigt hat. Dass das Verbrennen von Öl nicht sonderlich gut für die Umwelt ist, war auch vor diesem Rekordquartal bekannt. Man kann aber nicht, weil man selber unter dem Druck der Weltbevölkerung steht, hergehen und die Schuld anderen in die Schuhe schieben. Gut, klappt zwar, aber schicklich ist es sicherlich nicht.

Vor allem aber ist die Forderung, diese Profite hart zu versteuern, nicht tragbar, weil man dann sonst hergehen und in jeder Situation, die einem grade nicht in den Kram passt, die Regeln der freien Marktwirtschaft ändern könnte. Wenn man sich auf diese Spielregeln einigt, müssen sie auch in schweren Zeiten respektiert werden. Viel wichtiger ist, zu sehen, wie man überhaupt in diese Energiekrise hineingerutscht ist. Da die UN ohnehin kein legislatives Mandat hat, sollte sich dieses Gremium eher damit beschäftigen, wie man einen technischen Dialog mit den Ländern schafft, um die strukturellen Probleme dieser Krise zu beheben.

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Um noch kurz auf den Ölpreis einzugehen, ist zu erwähnen, dass die OPEC+ Länder gestern erst die Fördermengen um weitere 100 000 Fässer pro Tag erhöht haben, was aber ein sehr geringer Anstieg ist. Für Juli und August wurden ja bereits weitere 600 000 Fass pro Tag zugesagt und das war auch am Markt merkbar, da sich die Referenzölsorten Brent und WTI weiter nach Süden verabschiedet haben. Unserer Chartanalyse zufolge erwarten wir auch noch anhaltende Abstiege im Preis dieser beiden Rohölsorten und sehen diese unter die $80er Marke sinken.

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