Sven Weisenhaus | 03.06.2020 10:07
Der DAX hat nach dem feiertagsbedingt verlängerten Wochenende gestern Stärke gezeigt und deutlich zugelegt. Die Konsolidierungslinie (rot gestrichelt im folgenden Chart), die dem deutschen Leitindex in den vorangegangenen drei Handelstagen das Leben schwer gemacht hat, konnte übersprungen werden, ebenso wie die Rechteckgrenze bei 11.880 Punkten (siehe grüner Kreis). Angezogen wurden die Kurse dabei von der psychologisch relevanten 12.000er Marke.
Der aktuelle Aufwärtsimpuls, der den DAX nach den jüngsten Wellen 1 und 2 klar über das Hoch der Welle 5 des vorangegangenen 5-gliedrigen Aufwärtszyklus treiben konnte, ist damit inzwischen länger als die Welle 1. Und damit ist ein wichtiges Kriterium erfüllt, damit es sich beim aktuellen Aufwärtsimpuls um eine Welle 3 handeln kann. Denn laut den Regeln der Elliott-Wellen-Theorie ist die Welle 3 nie die kürzeste und meist die längste. Die Welle 1 dauerte 5 Handelstage und führte den Index um 1.086,02 Punkte nach oben. Die aktuelle Welle (3) hält bislang 7 Handelstage an und hat schon eine Länge von 1.188,40 Zählern.
Aktuell ist somit davon auszugehen, dass der DAX bald noch einmal leicht zurückfällt – im Rahmen einer Welle 4 – bevor es dann im Rahmen der letzten Welle 5 noch weiter nach oben geht (siehe Pfeile im folgenden Chart). Der Rücksetzer im Rahmen der Welle 4 (roter Pfeil) muss dabei laut den Elliott-Wellen-Regeln oberhalb des Hochs der Welle 1 enden, das bei 11.246,91 Punkten lag.
Solange sich dieses Szenario weiter abzeichnet, ist aus Sicht der Bullen alles im grünen Bereich. Es könnten sogar sämtliche Verluste des Corona-Crashs aufgeholt werden.
Aus fundamentaler Sicht stehen die Börsenampeln derweil weiterhin noch nicht auf Grün. Im Gegenteil: Denn der Konflikt zwischen den USA und China steuert zunehmend wieder in Richtung Eskalation. Am Freitag hatte US-Präsident Donald Trump auf Chinas Einmischung in das eigentlich autonome Hongkong reagiert. Die US-Regierung werde die bevorzugte Behandlung der Metropole weitgehend beenden, was auch Exportkontrollen und Zölle betreffe, sagte Trump. Vorgestern folgte die Reaktion aus China: Chinesische Regierungsvertreter haben den großen staatlichen Agrarkonzernen vorgeschrieben, den Einkauf mancher US-amerikanischer Landwirtschaftsgüter zu unterbrechen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Und von Reuters kam die Information, chinesische Importeure hätten unter anderem 10.000 bis 20.000 Tonnen Schweinefleisch storniert. Dies entspricht etwa dem Bestellvolumen einer Woche. Auch der Kauf von Soja, Getreide und Baumwolle sei auf Eis gelegt worden. Damit droht das Phase-1-Handelsabkommen zu kippen.
Zuvor war der Ton zwischen den beiden Nationen schon deutlich rauer geworden. Die USA warfen China eine grobe Vertuschung und Misswirtschaft in der Coronavirus-Krise, ständige Verstöße gegen internationale Menschenrechtsverpflichtungen und ein rechtswidriges Verhalten im südchinesischen Meer vor. China entgegnete, die USA seien der Unruhestifter der Welt, sie hätten gegen ihre Verpflichtungen nach dem Völkerrecht verstoßen und würden eine Machtpolitik sowie Mobbing betreiben.
Doch die Laune der Anleger lässt sich davon nicht trüben. Stattdessen scheint die Aussicht auf noch mehr Notenbankliquidität zu überwiegen. Am Markt wird erwartet, dass die Europäische Zentralbank ihr bislang auf 750 Milliarden Euro begrenztes Notfall-Programm zum Kauf von Anleihen um 500 Milliarden Euro aufstocken wird. Am Donnerstag wird darüber eine Entscheidung fallen, denn in dieser Woche tagt die EZB wieder turnusmäßig. Möglicherweise werden die Anleger daher nach den gestrigen Kursgewinnen bis dahin erst einmal wieder in eine abwartende Haltung übergehen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage
Sven Weisenhaus
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