Das Schweizer Gold-Referendum

 | 20.10.2014 10:49

Am 30. November stimmen die Schweizer über die Volksinitiative „Rettet unser Schweizer Gold“ ab…

Ein Kunde fragte mich, ob er als Anleger über diese Volksabstimmung beunruhigt sein sollte, schreibt Adrian Ash von BullionVault. Dies ist keine unbegründete Frage. Immerhin ließen sich Regierungen in der Vergangenheit schon einiges einfallen, um an die Besitztümer ihrer Bürger zu kommen.

Denken Sie hierbei nur daran, wie im Jahr 1933 die Regierung der Vereinigten Staaten unter Franklin D. Roosevelt den privaten Goldbesitz verbot und den Umtausch des Edelmetalls gegen Dollar erzwang.

Im Gegensatz dazu entscheidet in der Schweiz jedoch die Bevölkerung darüber, wie die Regierung mit ihren Reserven verfahren soll. Und dank des Schweizer Petitionsrechts erhalten deren Bürger bereits Heroin auf Rezept, wohingegen per Volksabstimmung der Neubau von Minaretten verboten wurde.

Bei der Abstimmung Ende November geht es um folgende Forderungen:

  • Die Schweiz soll alle Goldreserven im Inland lagern
  • Die Schweizer Nationalbank (SNB) darf kein weiteres Gold verkaufen
  • Die SNB muss mindestens 20% ihrer Aktiven in Gold halten

Nun, natürlich ist das einzig und allein die Entscheidung der Schweizer. Aber selbst wenn sich die Gold-Initiative durchsetzt, würde dies nicht die Rückkehr zum Goldstandard bedeuten.

Hier einige Informationen zur Sicherheit von in der Schweiz gelagertem Gold

Zum einen handelt es sich bei der Schweiz um eine sehr offene Volkswirtschaft. Ihr Finanzdienstleistungssektor trägt zu einem sehr großen Teil zu dem stattlichen Leistungsbilanzüberschuss bei und beschäftigt fast 6% der Bevölkerung im erwerbstätigen Alter. Zugegeben, das Bankensystem büßte in den letzten Jahren etwas seines guten Rufs ein. Und auch das hart-erkämpfte Bankgeheimnis wird wohl in absehbarer Zeit aufgehoben werden. Aber die Veredelung und Lagerung von physischem Gold wird auch weiterhin eine wichtige Branche darstellen.

Meinen Schätzungen nach lagerten Anleger weltweit zwischen 2009 und 2013 rund 1400 Tonnen Gold bei privaten Schweizer Tresorbetreibern. Was die Lagerung von materiellen Vermögenswerten außerhalb des Bankensystems betrifft, so ist die Schweiz für viele nach wie vor die erste Wahl. So bevorzugen beispielsweise auch 75% der BullionVault-Benutzer die Verwahrung Ihres Edelmetalls in der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Mir ist nicht bekannt, dass die Regierung eines anderen Landes solch ein starkes Vertrauen genießt.

Selbst während Großbritanniens Zahlungsbilanzkrise in den 70er Jahren war die Ein- und Ausfuhr von Gold erlaubt, solange es nachweislich Nicht-Briten gehörte. Auch umging es dabei die Umsatzsteuer und Devisenkontrollen, aufgrund derer den Briten der Besitz von Gold verboten war. Dennoch blieb London das Zentrum des weltweiten Goldhandels, sowie nun die Schweiz das beliebteste Land zur Lagerung der Vermögenswerte bleibt.

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In der Tat ist es nur schwer vorstellbar, dass die Schweiz den Versuch irgendeiner Form der Zwangsenteignung, Devisenkontrolle oder Strafbesteuerung unternehmen könnte, vor allem nicht für Nicht-Schweizer Goldbesitzer.

Welche Folgen hätte ein positives Votum?

Derzeit hält die Schweiz rund 7,5% ihrer Aktiven in Höhe von insgesamt rund 500 Mrd. Franken in Gold. Nach offiziellen Angaben sind es 1040 Tonnen. Daneben hat sie auch einen erheblichen Anteil in Devisenreserven investiert, allen voran in US-Dollar.

Aber wie sieht es aus, falls am 30. November eine Mehrheit für den Antrag stimmt? Wird es einen Ansturm auf Gold geben, bevor die neuen Regeln in Kraft treten? Schätzungen nach müsste die SNB rund 1500 Tonnen Gold kaufen, um die 20%-Klausel zu erfüllen. Dies ist ungefähr dieselbe Menge, die sie zwischen 2000 und 2008 verkaufte (ebenfalls nach einer öffentlichen Abstimmung). Laut Aussage der SVP-Nationalräte Lukas Reimann und Luzi Stamm geschah der Verkauf zum „historisch schlechtesten Preis“, wodurch der Staat Volksvermögen in Höhe von 50 Mrd. Schweizer Franken „sinnlos“ vergeudete.

Aber es gibt mehrere ungeklärte Faktoren, und einer davon ist die Frage des Referendums selbst. Hierbei wird lediglich gefragt, ob man „die Volksinitiative annehmen“ möchte. Doch werden keinerlei Informationen zum Kauf des Goldes oder zur Repatriierung des momentan im Ausland gelagerten Edelmetalls gegeben. Da keinerlei Dringlichkeit vorliegt, stellt sich die Frage, wann die Behörden wohl mit dem Kauf beginnen würden.

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf bemängelte bereits die Folgen, die eine Annahme auf die Sicherung der Preisstabilität und das Wirtschaftswachstum haben könnte. Ferner müsste die Schweizer Zentralbank weiteres Gold im Wert von rund 60 Mrd. Franken anschaffen, um den geforderten Mindestanteil zu erreichen.

Der Präsident des SNB-Direktoriums Thomas Jordan sprach sich schon vor längerer Zeit gegen die Initiative aus. Und der stellvertretende Vorsitzende Jean-Pierre Danthine tat dies in der vergangenen Woche ebenfalls (mit Verweis auf die Deflationsgefahr und eine weitere Rezession in der Eurozone). Natürlich wurden diese beiden Entscheidungsträger nicht vom Volk gewählt, das hingegen über die Initiative abstimmt. Und da auch die meisten Parlamentarier ihre Zustimmung verweigern, wirkt die Diskussion zuweilen wie eine Auseinandersetzung zwischen Technokraten und Populisten. Selbst wenn die meisten Wähler ihre Ja-Stimme geben und daraufhin ein entsprechendes Gesetz erlassen werden würde, ist es fraglich, inwieweit aufgrund der Ablehnung der mit den legislativen und exekutiven Befugnissen ausgestatteten Personen eine reibungslose Umsetzung erfolgen kann.

Die SNB unterzeichnete kürzlich auch das vierte Goldabkommen der Zentralbanken. Darin verpflichten sich die 22 beteiligten Zentralbanken für die nächsten fünf Jahre, „weiterhin ihre Goldtransaktionen zu koordinieren, um Marktstörungen zu vermeiden“. Zwar beziehen sich diese Transaktionen in erster Linie auf mögliche Verkäufe, doch finden in dem Abkommen auch andere mögliche Einflussfaktoren wie Käufe und Rückführung Erwähnung.

Vergleich mit Goldreserven der Bundesbank

Ein Beispiel für die Altlast der Zentralbanken sehen wir momentan auch in Deutschland. Aufgrund einer ähnlichen Initiative, das Gold „heim zu holen“, verkündete die Bundesbank im Januar 2013 die Repatriierung einer großen Menge ihrer Goldreserven. Demnach sollten von zuletzt 3386 Tonnen deutschen Goldes bis 2020 rund 300 Tonnen aus New York und 374 Tonnen aus Paris zurückgeholt werden. Aber bislang landeten lediglich rund 5% der Gesamtmenge wieder in Deutschland, 32 Tonnen aus Paris und 5 Tonnen aus New York. Das entspricht gerade einmal ein Drittel der für jedes Jahr veranschlagten Menge. Laut Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele sei eine vollständige Verlagerung der Bestände sowieso nicht sinnvoll. Immerhin diene das gelagerte Gold als Notfallreserve. Und im Falle einer Währungskrise mache es Sinn, das Edelmetall außerhalb der Eurozone zu halten. Und zudem sind New York und London für den Edelmetallhandel auch wichtiger als Paris und Frankfurt.

Anfang des Jahres wurde außerdem auf den logistischen Aufwand und die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen bei der Aktion verwiesen. Aber was auch immer die wahren Gründe für die Verzögerung sind, es scheint keine Eile zu geben. Zumindest nicht für die beteiligten Zentralbanken.

Was bedeutet das für Ihre eigenen Bestände?

Ganz ehrlich sehe ich durch das Schweizer Referendum im nächsten Monat den Besitz Ihres Edelmetalls in keiner Weise betroffen oder gar gefährdet. Und sollte jemand auf einen starken Anstieg der Goldpreise hoffen, falls bei dem Votum ein „Ja“ herauskommen sollte, so machen Sie sich einfach bewusst, wer für die Verabschiedung und Ausübung des entsprechenden Gesetzes verantwortlich sein würde.

Artikel übersetzt und bearbeitet von Steffen Grosshauser.

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