Investing.com | 04.06.2020 11:18
Die Renditen italienischer Staatsanleihen haben in den vergangenen Wochen ein Wechselbad der Gefühle erlebt, nachdem die Corona-Notkäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) in Gang gekommen sind. Am Donnerstag dürfte die EZB ihr Notfall-Anleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) um 500 Milliarden Euro auf 1,25 Billionen Euro erhöhen.
Derweil debattiert die Europäische Union über ein Hilfsprogramm in Höhe von 750 Milliarden Euro, das in die wirtschaftliche Erholung Europas nach der Corona-Krise fließen soll, um die angeschlagenen Regionen und Industrien zu unterstützen. 250 Milliarden Euro sollen als Kredite fließen, 500 Milliarden Euro als nicht rückzahlbare Zuschüsse.
Italien wird von beiden Konjunkturimpulsen überproportional profitieren, da die EU-Behörden darum ringen, den Fauxpas von EZB-Präsidentin Christine Lagarde im März wettzumachen, dass es nicht Aufgabe der Zentralbank sei, die Renditedifferenzen zwischen den Renditen von Staatsanleihen der Mitglieder der Eurozone zu verringern.
Renditen der zehnjährigen italienischen Staatsanleihe, die bereits im Februar aufgrund der Corona-Krise nach oben geschossen waren, legten nach Lagardes Fehltritt Anfang März um weitere 180 Basispunkte zu und lösten damit einen Sturm der Entrüstung in der Regierung in Rom aus.
Anleiherenditen bewegen sich invers zu den Anleihekursen, so dass ein Anstieg der Rendite einen Kursrückgang bei der jeweiligen Anleihe widerspiegelt.
Genauso wichtig, vor allem für Devisenhändler, die die Stärke des Euros bewerten wollen, war die zunehmende Differenz zwischen der Rendite zehnjähriger italienischer und zehnjähriger deutscher Anleihen.
Der Spread stieg und sank in Abhängigkeit der italienischen Rendite, weil das Pendant aus Deutschland in der Corona-Zeit relativ stabil zwischen minus 35 bis minus 40 Basispunkte rentierte.
Der Spread beläuft sich noch immer auf gut 190 Basispunkten, da die Zehnjahresrendite aus Italien nur auf etwa 1,57 Prozent zurückgegangen ist, nachdem sie im Nachgang von Lagardes Äußerungen kurzzeitig auf über 3 Prozent sprang und den Spread mit den Bundesanleihen bis auf 290 Basispunkte ausweitete.
Angesichts der Tatsache, dass Italien in Europa die Hauptlast der Corona-Pandemie zu tragen hatte, reagierten die Italiener drastisch und begannen, die EU-Mitgliedschaft in Frage zu stellen, weil es an Solidarität mangelte. Die EZB startete ihr Pandemie-Notkaufprogramm mit 750 Milliarden Euro, um die italienischen Behörden etwas zu beruhigen, und setzte ihre normalen Obergrenzen für Käufe aus jedem Land in der neuen Fazilität außer Kraft.
Laut den am Dienstag veröffentlichten Daten gab die EZB im April und Mai im Rahmen des Notprogramms 37,4 Milliarden Euro für italienische Staatsanleihen aus. Das waren 8,1 Milliarden Euro mehr als im Rahmen ihres Kapitalschlüssels vorgesehen. Tatsächlich tut die EZB jetzt genau das, was Lagarde als nicht in ihrer Verantwortung liegend bezeichnete.
Darüber hinaus hat die EZB in den vergangenen zwei Monaten im Rahmen ihres regulären Ankaufprogramms für den öffentlichen Sektor italienische Anleihen im Wert von fast 14 Milliarden Euro aufgekauft.
Diese Unterstützung der EZB ermöglichte es Italien, innerhalb von vier Tagen bis zum 21. Mai eine Rekordsumme von 22,3 Milliarden Euro in 5-jährigen Anleihen zu platzieren, mit einem weiteren erfolgreichen Verkauf von 2,5 Milliarden Euro am 29. Mai. Am Dienstag gab das italienische Finanzministerium bekannt, dass es ein Bankenkonsortium beauftragt habe, die Syndizierung weiterer Anleihen zu managen.
Gleichzeitig sind etwa 82 Milliarden Euro des von der EU vorgeschlagenen Wiederaufbaufonds für Italien vorgesehen, Spanien erhält einen ähnlichen Betrag, während andere Länder weniger Mittel erhalten.
Diese Fazilität stößt jedoch auf den Widerstand mehrerer EU-Mitglieder sowie von Mitgliedern der deutschen Regierungskoalition. Daher könnte es wochenlanges Feilschen erfordern, bis das Programm genehmigt wird, und es könnte im Laufe der Zeit modifiziert (d.h. verringert) werden.
In der Zwischenzeit wird die holprige Fahrt für italienische Anleiherenditen und Spreads weitergehen. Da Italien keine eigene Währung mehr hat, kann es den Stress nicht wie in der Vergangenheit durch eine Abwertung lindern.
Die überdimensionierten Spreads zwischen den Renditen von Staatsanleihen waren eine der größten Belastungen in der Staatsschuldenkrise der EU, die zwischen 2010 und 2012 ihren Höhepunkt erreichte und zu traumatischen Rettungsaktionen für Griechenland, Irland, Portugal, Spanien und Zypern unter der Leitung der Troika der Europäischen Kommission, der EZB und des Internationalen Währungsfonds führte.
EU-Vertreter und sogar die deutschen Staats- und Regierungschefs scheinen aus dieser Krise eine Lektion gelernt zu haben. Dennoch bleibt abzuwarten, ob die geplante EU-Hilfe an Bedingungen geknüpft wird, auch wenn sie weniger belastend ist als die früheren Rettungspakete.
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