Brasilien - Weitere Proteste

 | 20.03.2015 13:52

Die anhaltenden politischen Unruhen in Brasilien haben den BRL gegenüber dem USD in der Woche zum 20. März weiter in Richtung eines neuen Zwölfjahrestiefs geschickt. Die Erholung nach der FOMC-Sitzung blieb bei 3,1910 hängen, da viele Käufer bei Rücksetzern unter der Marke von 3,20 zugreifen wollten, die jetzt zu einem Boden wird, da der politische Druck anhält.

Der Rücktritt von Bildungsminister Comes verstärkt den politischen Druck im Land, da die jüngst wiedergewählte Präsidentin Rousseff und ihre Regierung wegen des Korruptionsskandals um Petrobas im Rampenlicht stehen. Heute wird ein Antikorruptionsvorschlag vorgestellt, wobei wir denken, dass die verärgerten Menschen kaum mit dem Vorschlag zufrieden sein werden. Daher sollten wir uns auf neue Straßenproteste über das Wochenende gefasst machen. Die Händler werden sich über das Wochenende mit BRL-Longpositionen zurückhalten, so dass wir Schließungen von spekulativen Longpositionen und ein Anhalten der aktuellen BRL-Schwäche sehen sollten.

Während der Korruptionsskandal auf den Straßen an Momentum gewinnt, stellt für einige, die in BRL-Anlagen investiert sind, eine mögliche Zinssenkung ein Risiko dar. Die fünfjährigen Credit-Default-Swaps sind auf ein Sechsjahreshoch (306.340 Basispunkte) gestiegen. Eine Herabstufung des BRL-Ratings würde den aktuellen Abfluss aus den brasilianischen Anlagen beschleunigen, den Verkaufsdruck auf den Real erhöhen und somit den Abwärtstrend bei der Inflation beschleunigen. Der erweiterte nationale Verbraucherpreisindex, der zum 15. eines jeden Monats erfasst wird, IPCA-15, sollte bis zum 15. März auf Monatsbasis einen Anstieg von 1,25% zeigen und somit die jährliche Inflation auf 7,91% drücken, ein Niveau, das wir zuletzt 2005 gesehen haben.

Da die staatlichen Preisbeschränkungen aufgehoben wurden, sollte der inflationäre Druck in Brasilien trotz der global niedrigeren Ölpreise hoch bleiben (da die Abwertung beim Real den Rückgang am Ölmarkt ausgleicht). Die steigenden Verbraucherpreise werden wohl zu einer weiteren Erhöhung der Selic Rate während der Sitzung am 29. April führen. Das bedeutet, dass stärkere Inflationszahlen die BCB-Falken wieder auf den Plan rufen, wodurch aufgrund einer besseren Carry-Nachfrage eine kurzfristige BRL-Korrektur ausgelöst werden wird. Die Risikoanleger sollten jedoch grundsätzlich ihre Gelder in alternative Risikoanlagen umschichten, die einen niedrigeren Zinsspread aufweisen, doch eine bessere Sichtbarkeit bieten. Es gilt auch daran zu denken, dass niedrigere Ratings den Beleihungswert des BRL und der BRL-Anlagen einschränken und sich somit indirekt auf den Gesamtertrag des Portfolios auswirken. Deshalb rechtfertigt ein höherer Ertrag nicht immer eine höhere Allokation.

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Brasilien steht datenreiche Woche bevor: Es wird Zeit, sich der Realität zu stellen. Dem BRL steht eine datenreiche Woche bevor: Veröffentlichungen über ausländische Direktanlagen, die Leistungsbilanz, die Arbeitslosigkeit und das BIP für das 4. Quartal werden in der kommenden Woche die Richtung bestimmen. Doch eine kaum verbesserte Leistungsbilanzdefizit, die Zurückhaltung der ausländischen Investoren, der Petrobas-Skandal, die zunehmenden Proteste gegen Präsidentin Rousseff und die Regierung und dazu noch die fragile Steuersituation bringen die brasilianische Wirtschaft an den Rand der Stagflation. Die Daten der nächsten Woche werden eine quantifizierte Übersicht zur Wirtschaftssituation vermitteln und bestimmen, ob eine weitere BRL-Abwertung gerechtfertigt ist.

Die allgemeine EUR-Schwäche hat gegenüber dem BRL nur geringe Auswirkungen. Der EUR/BRL weitet seine Schwäche über 3,50 aus, egal wie knapp die EUR-Erträge geworden sind. Nach unserer Meinung wird der EUR/BRL übermäßig gekauft: Doch Anstrengungen zum Entfliehen der brasilianischen Situation rechtfertigen nicht länger die umgekehrten Carry-Flüsse in Richtung des EUR, wo die ökopolitische Situation kaum besser aussieht.

Der überverkaufte BRL (gegenüber GBP und CHF) und die negative Positionierung in spekulativen Futures (-8550 Kontrakte per 10. März) signalisieren, dass es Potential für Short-Eindeckungen gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies in der nächsten Woche passiert, ist jedoch gering.