Michael Kramer | 24.01.2020 16:14
Das Jahr ist jung, aber was die Börsenrallye, die den S&P 500 einen Anstieg von rund 3% beschert hat, eher ungewöhnlich macht, ist, dass die Versorger, gemessen am SPDR Trust ETF Select Sector (NYSE:XLU), in aller Stille um über 5,5% hochgeschossen sind.
Damit liegt er nur knapp hinter dem Technologiesektor, der gemessen am Technology Select Sector SPDR® ETF (NYSE:XLK) mit einem Anstieg von rund 6,8% im Monat der beste Sektor bislang in diesem Monat war. Die jüngste Rallye der Versorgeraktien könnten als ein Vorzeichen angesehen werden, dass die Investoren defensiver werden.
Noch besorgniserregender ist der zunehmende Kauf von Call-Optionen auf den Angstindex CBOE Volatility Index (VIX), die Mitte Februar auslaufen. Die Wetten deuten an, dass einige Händler in den kommenden Wochen einen Anstieg der Volatilität erwarten. Dies könnte ein starkes Indiz dafür sein, dass ein Rückgang des S&P 500 in nächster Zeit rasch einsetzen könnte.
Es scheint ungewöhnlich, dass ein Sektor wie die Versorger zusammen mit dem Technologiebereich steigt. Die beiden Sektoren scheinen im wahrsten Sinne des Wortes auf den exakt entgegengesetzten Seiten des Risikospektrums zu liegen, wobei Technologie das hohe Beta (d.h. Volatilität und Risiko) und das schnellere Gewinnwachstum darstellt, während Versorgungsunternehmen Stabilität und langsames Wachstum liefern. Noch beeindruckender ist, dass der XLU ETF auf den höchsten Stand aller Zeiten gestiegen ist.
Die Zinsen sind am ferneren Ende der Zinsstrukturkurve im Vergleich zum Beginn des Jahres 2019 gesunken. Die Rendite der amerikanischen 10-Jahresanleihe fiel von 1,93% am 31. Dezember um 20 Basispunkte auf 1,73%. Das Zinsumfeld könnte einige Anleger dazu veranlassen, in Teilen des Aktienmarkts nach höheren Renditen zu suchen, wobei der Versorgungssektor als ein Ziel dieser Gelder fungiert.
Andere defensive Sektoren mit hohen Renditen wie Basiskonsumgüter und das Gesundheitswesen zeigten jedoch nicht die gleiche überdurchschnittliche Entwicklung, als der XLV (NYSE:XLV) Fonds für Gesundheitspapiere um 2,3% gestiegen ist und der XLP (NYSE:XLP) Staples (NASDAQ:SPLS) ETF für Basiskonsumgüter nur lediglich 1,7% zugelegt hat, womit beide hinter dem S&P 500 zurückblieben.
h3 Steigende Volatilität?/h3Dies könnte auch darauf zurückzuführen sein, dass sich die Stimmung am Markt von einem Anfall von Risikoneigung zu einer defensiveren Haltung verschiebt. Vor kurzem gab es einige Wetten in den VIX-Optionen mit Fälligkeit am 21. Februar zum Ausübungspreis von 21 USD und 22 USD. Darüber hinaus sind die offenen Positionen zum Ausübungspreis von 24 USD und 25 USD zum selben Verfallsdatum gestiegen. Dafür müsste sich der VIX-Index von derzeit rund 13 beinahe verdoppeln.
Das open Interest für die 22-Dollar-Calls sind in den letzten zwei Wochen um rund 265.000 Kontrakte auf rund 305.000 offene Kontrakte gestiegen. Es handelt sich hier um keine geringfügige Wette, da die Calls für ungefähr 0,45 USD pro Kontrakt gehandelt werden und die offenen Calls einen Dollar-Wert von ungefähr 13,7 Mio. USD haben.
Bei den 25-Dollar-Calls stieg das Open Interest um über 110.000 Kontrakte auf eine offene Position von insgesamt rund 160.000 Kontrakten. Diese werden für ca. 0,30 USD mit einem Wert von ca. 4,8 Mio. USD gehandelt.
Einige Trader scheinen auf einen plötzlichen Anstieg des VIX-Index zu setzen und hoffen möglicherweise, die Kontrakte vor dem Ablaufdatum abstoßen zu können. Oder sie kaufen diese Kontrakte, um sich zu schützen, falls der S&P 500 und der Aktienmarkt allmählich nach unten tendieren.
Da der S&P 500 allein seit Anfang Oktober um fast 17% gestiegen ist, wäre ein geringfügiger Rückgang kurzfristig keine große Sache. Sollte es zu einem Rückzug kommen, würde eine große Unterstützungsregion für den S&P 500 zwischen 3.200 und 3.250 liegen, was einem Rückgang in der Spanne von 2,5% bis 4% entspricht. In der Tat keine Katastrophe.
Zwar besteht das Potenzial für einen kurzfristigen Rückgang der Kurse, doch dürften die allgemeinen technischen Trends und die Aussichten für das Gewinnwachstum die Aufwärtstendenz im Saldo in 2020 aufrechterhalten.
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