Börse: Warum die Fed-Entscheidung (vorerst) gut für Aktien ist

 | 21.12.2021 09:15

Sehr verehrte Leserinnen und Leser,

viele Beobachter haben sich in der Vorwoche gefragt, warum die Reaktion der Aktienmärkte auf die Fed-Entscheidung so positiv ausfiel. Allerdings ist das die falsche Frage.

h2 Die erste Marktreaktion ist selten die richtige/h2

Erfahrene Trader und Anleger wissen, dass die erste, unmittelbare Marktreaktion auf ein Ereignis selten die tatsächliche Meinung der Anleger widerspiegelt. Das kann auch gar nicht anders sein. Zwar können Trader und automatische Programme Agenturmeldungen und andere Nachrichten in Sekundenbruchteilen analysieren und darauf reagieren.

Aber die Anleger, die letztlich längerfristig ihr Geld investieren und damit die wirklich nachhaltigen Trends erzeugen, brauchen eine Weile, bis sie durch den „Staub“ kurzfristiger Marktreaktionen und Meinungen hindurchsehen – weil sich dieser nur langsam legt.

Versuchen wir also, die Fed-Entscheidung mit den Augen eines Langfristanlegers zu sehen. Die erste Frage, die er sich stellen dürfte, ist, ob die Fed mit ihrem Plan, ihre Anleihekäufe zu reduzieren und die Zinsen zu erhöhen, die Inflation überhaupt bekämpfen kann.

h2 Welche Gründe es für die aktuelle Inflation gibt/h2

Dazu müssen wir uns klarmachen, was die Gründe für die aktuelle Inflation sind. Es ist zum einen eine hohe Nachfrage. Die US-Regierung hat unter anderem Geld an die Bevölkerung ausgeteilt und riesige Konjunkturprogramme angeschoben. Damit schnellte die Nachfrage der Verbraucher kräftig nach oben: Die Ausgaben bei langlebigen Konsumgütern lagen in den USA im 2. Quartal 2021 um 27,1 % über dem langfristigen Trend, bei Verbrauchsgütern waren es im 3. Quartal 13,8 % mehr.

Zum anderen kann das Angebot mit dieser gestiegenen Nachfrage nicht mithalten. Dafür gibt es verschiedene Ursachen, aber die wichtigste ist momentan, dass die weltweiten Frachtketten aus dem Rhythmus gekommen sind. Die Gründe dafür sind unter anderem einerseits ebenfalls die hohe US-Nachfrage, andererseits die Handelsrestriktionen, welche die Trump-Regierung verhängt hat und die zum Großteil immer noch wirken.

Wie ich in meiner „Inflationsschutz-Akte 2022 “ gezeigt habe, führt das unter anderem dazu, dass viel mehr Seefrachtcontainer in die USA geschickt werden, als sie wieder verlassen. Diese Container fehlen natürlich an anderer Stelle, was zusammen mit anderen Problemen der weltweiten Lieferketten diese noch mehr aus dem Takt bringt.

h2 Kann die Fed diese Inflation bekämpfen?/h2

Sind eine sinkende Notenbankliquidität und steigende Zinsen geeignet, um diese Probleme zu beheben? Nein, eher könnte das Gegenteil der Fall sein. Wie das? Nun, für Deutschland meldete z.B. das Statistische Bundesamt in der Vorwoche, dass die Unternehmen auf ihren höchsten Auftragsbeständen sitzen, seit die Behörde diese Daten ab 2015 erhebt. Das scheint nicht zu der schlechten Stimmung in der Wirtschaft zu passen, über die Sven Weisenhaus am Freitag hier anhand des ifo-Geschäftsklimas und der Einkaufsmanager-Indizes für Deutschland berichtet hat. Schließlich sind doch viele Aufträge ein Grund zur Freude – oder nicht?

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Nein, jedenfalls nicht, wenn man diese Aufträge mangels Vorprodukten nicht abarbeiten kann. Und genau das ist offensichtlich der Grund für diesen rekordhohen Auftragsbestand. Den US-Unternehmen geht es ähnlich. Aber um viele (neue) Aufträge abzuarbeiten, brauchen die Unternehmen Kapital: Sie müssen Leute einstellen, Material kaufen, eventuell ihre Anlagen erweitern.

Die Maßnahmen der Fed verknappen aber das Kapital und machen es tendenziell teurer (über den Zins als „Preis“ des Geldes)! Dadurch steigen die entsprechenden Kosten für die Unternehmen. Und das werden sie mehr oder weniger, über kurz oder lang mit ihren Preisen weitergeben. Also treibt die Fed mit ihren Maßnahmen die Preise weiter, statt die Ursachen zu bekämpfen (die allerdings auch weitgehend außerhalb ihrer Kontrolle liegen).

h2 Anleihen oder Aktien/h2

Aber welche Anlagen werden Anleger bevorzugen, wenn die Inflation weiter steigt oder zumindest auf ihrem hohen Niveau bleibt – Anleihen oder Aktien? Klare Sache: Aktien als Sachanlagen! Zumal die Anleihekurse trotz der jüngsten Maßnahmen und Aussagen der Fed gefallen sind: