Bitcoins Identitätskrise: Ist es digitales Gold oder Geld?
Investing.com | 21.11.2017 08:12
von Tanzeel Akhtar Das englische Original des Artikels "Bitcoin's Identity Crisis: Is It Digital Gold Or Cash?" erschien am Dienstag, dem 21. November 2017 auf investing.com
Die führende Digitalwährung Bitcoin setzt ihren anscheinen unaufhaltsamen Aufstieg fort. Sogar nach der jüngsten Volatilität konnte Bitcoin sich den Gerüchten einer Blase widersetzen. Es könnte durchaus zum neuen digitalen Gold werden, oder eine vormals zwielichtige Währung, die nun ernst genommen werden muss.
Am vergangenen Sonntag, dem 19. November, erreichte Bitcoin schon wieder einen neuen Meilenstein, als es die Marke von 8.000 Dollar pro Münze durchbrach .
Auch wenn es immer wieder Upgrades gab, die die Skalierbarkeit und das Transaktionsvolumen steigern sollten, könnte es sein dass die Kryptowährung weniger als alternatives Geld dienen wird, sondern zunehmend als digitales Gold benutzt wird? Ist es möglich, dass Bitcoin derzeit eine Identitätskrise durchläuft?
Der jüngste Fehlschlag mit SegWit2x hatte die Bitcoin-Welt erschüttert und zumindest zwischenzeitlich seinen Kurs in den Keller geschickt. SegWit2x war ein geplantes, nicht abwärts-kompatibles Upgrade, dass die Transaktionskosten senken und die Abwicklung von Zahlungen beschleunigen sollte. Da es aber keine Einigkeit unter den Entwicklern gab, wurde es auf Eis gelegt. Gibt es hier interne Konflikte, deren sich Investoren bewusst sein sollten?
Eddy Travia, CEO von Coinsilium, einem Investor in Jungunternehmen im Bereich der Blockchain-Technologie, glaubt, es sei ziemlich augenscheinlich, dass Bitcoins Rolle heute unbeachtlich der Upgrades darin besteht, eine "Wertanlage" zu sein. Er ist sich sicher, dass die meisten es eher als Investition, denn als Währung in einem dezentralem Bezahlsystem betrachten.
Gabriele Giancola, CEO und Mitgründer von qiibee, einer internetbasierten Plattform für Treueprogramme, stimmt dem nicht zu:
Ich glaube nicht, dass es einen Identitätskonflikt gibt. Der Streit um SegWit2x und SegWit hat sich nun erledigt. Damit können sich die Entwickler voll und ganz darauf konzentrieren, Segwit und lightning network, einer Lösung für das Skalierungsproblem in die Blockchain einzuarbeiten. Das Ende von SegWit2x zeigt, dass die Gemeinde zusammensteht.
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Dmitry Zhulin, Mitgründer von INS Consumer Ecosystem, sieht die Situation etwas anders. Wie er es erklärt, wächst Bitcoin aus den Kinderschuhen heraus und reift zu einem digitalen Gold heran. Wörtlich:
Während Bitcoin mit einem Ethos von offenem Quellcode begann, das Generationen von Programmierern angetrieben hat, zeigt diese Entwicklung klar, dass Bitcoin seine Kindheit hinter sich gelassen hat und sich auf seine Bestimmung zubewegt—ein universelles Mittel zur Kapitalanlage oder 'digitales Gold' zu sein.
David Moskowitz, CEO und Mitgründer von Indorse denkt, dass die Entscheidung das SegWit2x Upgrade auszusetzen ein strategischer Schritt von Bitcoin-Unterstützern war, die auf Bitcoin Cash umgestiegen sind. Moskowitz verweist darauf, dass dies den Kursen beider Währungen geholfen hat, und auch das Interesse an BCH erhöhte. Und der längerfristige Plan? Die Einführung weiterer Lösungen für das Skalierungsproblem, wenn die Abspaltung neue Nutzer gewonnen hat.
“Viele Leute, insbesondere die frühen Einsteiger in Bitcoin glauben, dass es mehr als eine Wertanlage ist, und das dies so bleiben sollte, dass es auch ein weltweites Zahlungsinstrument sein muss und dass weiter in Richtung dieses Ziels gearbeitet werden sollte."
Fernando Gutierrez, Chef der Rechtsabteilung von Dash argumentiert, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Natur von Bitcoin am ehesten digitalem Bargeld entspricht, obwohl die Abkehr davon in jüngster Zeit stärker sichtbar geworden ist:
Da Bitcoin im offenen Quellcode vorliegt, ist es anderen Gruppen möglich die Vision Satoshi Nakamotos eines 'Elektronischen Bargeldsystems', das die führenden Entwickler von Bitcoin schon lange bevor dem Scheitern von SegWit2x aufgegeben haben, zu verfolgen. Diese Wende wurde in jüngster Zeit stärker offenbar, als neue Projekte sich abspalteten und den Namen Bitcoin für sich beanspruchten. Aber es gab schon früher Projekte wie Dash, das vor mehr als drei Jahren mit dem Quellcode von Bitcoin begann, ein Zahlungsnetzwerk aufzubauen.
Auf lange Sicht, dürfte der Kampf um Namen wenig bedeuten. Wichtiger wird sein, dass die Nutzer eine solide Auswahl für ihre Zahlungen haben werden, sei es nun mit Dash, Bitcoin Cash oder vielleicht auch ein neues Projekt, das noch gar nicht existiert.
CoinDesks Forschungschef Nolan Bauble, stellt fest, dass Bitcoin in Ländern wie Venezuela und Simbabwe als “Krisenwährung” dient, da die nationalen Währungen an Wert verloren und das Vertrauen in die Führung dieser Länder zusammengebrochen ist. "Wir können beobachten, dass der Markt Bitcoin als Wertanlage einschätzt" sagt er.
Es ist klar, dass sowohl das Scheitern eines Forks SegWit2x und der Erfolg eines anderen, Bitcoin Cash, beide die digitale Währung gestärkt haben, da sie unter Beweis stellten, dass Bitcoin nicht fragil ist. Bauble wörtlich:
Mit jedem Tag an dem es überlebt, überzeugt Bitcoin mehr Menschen, dass es eine sichere Wertanlage ist. Dieses Entwicklung ähnelt der von Gold als Wertanlage. Gold hat auch das Ende von Goldmünzen, die Einführung von Papiergeld und das Ende des Goldstandards überlebt.”
Als Bitcoin erwachsen wird, wird es seinen Platz in der Welt der Wertanlagen finden. Zum jetzigen Zeitpunkt, als Kryptowährungen weiter an Zuspruch gewinnen, wird die Debatte darüber, was Bitcoin eigentlich ist—Geld oder Gold—wahrscheinlich weitergehen. Und zumindest derzeit ist es ein bisschen von beidem.
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