Übertriebene Renditeerwartungen – auf die Anleger könnten herbe Enttäuschungen warten

 | 07.01.2024 15:37

Ein Beitrag von VisualCapitalist zeigt die erschreckende Diskrepanz zwischen künftigen Renditeerwartungen der Anleger für ihr Portfolio und der Berater anhand einer Umfrage (8550 Anleger, 2700 Berater). Die Befragung wurde global durchgeführt; ich werde mich in diesem Beitrag jedoch auf die Renditeerwartungen für US-amerikanische Portfolios konzentrieren.

Die Kluft zwischen den Renditeerwartungen von Anlegern und Beratern ist hier auch am größten.

Wir werden an dieser Stelle zudem auch noch weiter darauf eingehen, warum der Unterschied zwischen den Erwartungen angesichts der überdurchschnittlichen Renditen im Vergleich zu den langfristigen historischen Portfoliorenditen seit der "Finanzkrise" nicht überraschend ist.

Hier liegt jedoch das offensichtlichste Problem, auf das sich die Berater unbedingt einstellen sollten. Es ist richtig, dass Aktien über einen sehr langen Zeitraum eine Rendite von etwa 6 % aus Kapitalzuwachs und 4 % aus Dividenden auf nominaler Basis erzielt haben.

Die Inflation betrug im gleichen Zeitraum jedoch durchschnittlich 2,3 %, so dass die realen Renditen im Durchschnitt nur bei etwa 8 % pro Jahr lagen.

Diese Entwicklung wird im nachstehenden Diagramm zum S&P 500 mit einer rot gestrichelten Linie dargestellt. Die Abbildung zeigt die durchschnittlichen jährlichen inflationsbereinigten Gesamtrenditen (einschließlich Dividenden) seit 1928.

Ich habe hierfür die Daten zur Gesamtrendite von Aswath Damodaran, Professor an der Stern School of Business der New York University, verwendet.

Die Grafik zeigt, dass der Markt von 1928 bis 2023 eine Rendite von 8,45 % (nach Inflation) erzielt hat. Allerdings ist zu beachten, dass die Renditen nach der Finanzkrise 2008 in den verschiedenen Zeiträumen um durchschnittlich vier Prozentpunkte gestiegen sind.

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Nach mehr als einem Jahrzehnt haben sich viele Anleger daran gewöhnt, hohe Renditen von den Finanzmärkten zu erwarten. Aber können sich diese Erwartungen auch in Zukunft erfüllen?

Können zukünftige Portfoliorenditen die Performance der Vergangenheit wiederholen?

Wir müssen zunächst einmal verstehen, woher die Dynamik für diese Renditen kam, um beurteilen zu können, ob künftige Portfoliorenditen die Vergangenheit wiederholen können.

Langfristig besteht ein offensichtlicher Zusammenhang zwischen dem Aktienmarkt und der Wirtschaft. Letztlich ist es die Wirtschaftstätigkeit, die die Umsätze und Gewinne der Unternehmen schafft.

Daher können Aktien nicht über unbegrenzte Zeiträume schneller steigen als die Wirtschaft wächst. Wenn die Entwicklung von Aktien von der zugrunde liegenden Wirtschaft abweicht, führt dies letztendlich zu niedrigeren Aktienkursen.

Über die Zeit besteht eine enge Beziehung zwischen der Wirtschaft, den Erträgen und den Vermögenspreisen. Die folgende Abbildung vergleicht diese drei Faktoren im Zeitraum von 1947 bis 2023.

Seit 1947 ist der Gewinn pro Aktie (EPS) um 7,72 % gestiegen, während die Wirtschaft jährlich um 6,39 % gewachsen ist. Die enge Beziehung zwischen den Wachstumsraten ist logisch, wenn man bedenkt, welche bedeutende Rolle die Verbraucherausgaben in der BIP-Gleichung spielen.

Der geringfügige Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass die Erträge in Zeiten, in denen die Rezession überwunden ist, schneller wachsen können als die Wirtschaft.

Obwohl die nominalen Aktienkurse im Durchschnitt 9,16 % betragen haben, kommt es schließlich zu einer Umkehr zum tatsächlichen Wirtschaftswachstum. Das liegt daran, dass die Unternehmensgewinne eine Funktion der Konsumausgaben, der Unternehmensinvestitionen, der Importe und der Exporte sind.

Wenn also die Beziehung zwischen Wirtschaft und Erträgen stimmt, wie erklärt sich dann die Abkopplung des Marktes von der zugrundeliegenden Wirtschaftstätigkeit im letzten Jahrzehnt?

Mit anderen Worten: Was hat die Portfoliorenditen im letzten Jahrzehnt angetrieben, wenn alle anderen Faktoren gleich geblieben sind? Zwei Aspekte, die in den letzten 13 Jahren eine Rolle gespielt haben, gab es vor 2008 nicht.

Der erste ist der Rückkauf von Unternehmensaktien. Aktienrückkäufe von Unternehmen sind zwar nicht neu, aber der ungeheuerliche Einsatz von Rückkäufen zur Steigerung des Gewinns pro Aktie hat nach 2008 stark zugenommen. Wie wir bereits an anderer Stelle erörtert haben:

"In einer früheren Studie des Wall Street Journal nannten 93 % der Befragten 'Einfluss auf den Aktienkurs' und 'Druck von außen' als Gründe für die Manipulation von Gewinnzahlen.

Genau aus diesem Grund haben die Aktienrückkäufe in den letzten Jahren weiter zugenommen. Nach dem 'Pandemie-Lockdown' sind sie sprunghaft angestiegen.

Aktienrückkäufe waren seit 2008 für fast 40 % der Marktrendite verantwortlich.

Der zweite Faktor sind die geld- und fiskalpolitischen Interventionen, die es in dieser Ausprägung erst seit der Finanzkrise gibt.

Dieser mentale Shift ist das Ergebnis von mehr als einem Jahrzehnt fiskal- und geldpolitischer Interventionen, die die Finanzmärkte von den wirtschaftlichen Fundamentaldaten abgekoppelt haben.

Seit 2007 haben die Fed und die US-Regierung dem Finanzsystem und der Wirtschaft kontinuierlich Liquidität in Höhe von rund 43 Bio. USD zugeführt, um das Wachstum zu stützen.

Diese Unterstützung ist in das Finanzsystem eingeflossen, hat die Asset-Preise in die Höhe getrieben und das Verbrauchervertrauen gestärkt und damit das Wirtschaftswachstum angekurbelt.

Die hohe Korrelation zwischen diesen staatlichen Interventionen und den Finanzmärkten ist unübersehbar. Der einzige Ausreißer war der Zeitraum während der Finanzkrise, als die Fed die erste Runde der quantitativen Lockerung (Q.E.) einleitete.

Was folgte, waren mehrere staatliche Rettungsaktionen, Unterstützungsaktionen für den Immobilien- und Finanzmarkt, Nullzinsen und schließlich ein direkter Geldregen in Form von Schecks in die Briefkästen der Haushalte im Jahr 2020.

In Anbetracht der wiederholten Finanzinterventionen der letzten 13 Jahre ist es nicht überraschend, dass die Anleger in Zukunft überdurchschnittliche Renditen für ihre Portfolios erwarten.

Das einzige Problem bei dieser Annahme ist die Fähigkeit der Regierung und der Fed, die massiven geldpolitischen Interventionen seit der Finanzkrise zu wiederholen.

Das neue Jahrzehnt wird sich wahrscheinlich ganz anders entwickeln als das letzte

Im letzten Jahrzehnt haben diese fiskalischen und monetären Impulse die größte Assetblase der Geschichte gefördert. Im Jahr 2020 leitete die Pandemie die notwendige Umkehrung dieser Exzesse ein, diese Entwicklung wurde aber durch massive geld- und fiskalpolitische Interventionen unterbrochen.

Die derzeitige Abweichung des Marktes vom langfristigen exponentiellen Wachstumstrend stößt erneut auf Rekordwerte.

Da das Wirtschafts- und Einkommenswachstum hinter der Explosion der Assetpreise zurückblieb, kann es niemanden wirklich überraschen, dass auch die Bewertungen von den langfristigen exponentiellen Wachstumstrends abwichen.

In den nächsten zehn Jahren scheint die Möglichkeit, 5 USD an Interventionen für 1 USD an wirtschaftlichen Mitteln zu replizieren, viel unwahrscheinlicher. Natürlich muss man auch die Belastung künftiger Renditen durch die seit der Finanzkrise angehäuften exzessiven Schulden berücksichtigen.

Die Tragfähigkeit dieser Schulden hängt von niedrigen Zinssätzen ab, die nur in einem Umfeld mit niedrigem Wachstum und niedriger Inflation möglich sind. Eine niedrige Inflation und ein langsames Wirtschaftswachstum sind keine guten Voraussetzungen für Überschussrenditen.

Jeremy Grantham formuliert das so:

"Alle 2-Sigma-Aktienblasen in den Industrieländern sind zum Trend zurückgekehrt. Allerdings haben sich vor einem solchen Rückgang einige wenige Aktienblasen zu 3-Sigma-Superblasen oder mehr entwickelt: In den USA war das 1929 und 2000 der Fall, in Japan 1989.

In den USA gab es 2006, in Japan 1989 eine Superblase im Immobiliensektor. Alle fünf Superblasen korrigierten den ganzen Weg zurück zum Trend - und das mit viel größeren und längeren Schmerzen als es durchschnittlich der Fall ist.

Heute bewegen wir uns in den USA in der vierten Superblase der letzten hundert Jahre".

Die Abweichung von langfristigen Wachstumstrends ist unhaltbar. Ursache dafür sind die wiederholten Finanzinterventionen der Federal Reserve.

Wenn sich die US-Notenbank nicht zu einem nicht enden wollenden Programm von Nullzinsen und quantitativer Lockerung verpflichtet, ist eine Rückkehr der Renditen zu ihrem langfristigen Mittelwert unumgänglich.

Die daraus resultierende Entwicklung bringt die Margen und Renditen wieder auf ein Niveau, das der tatsächlichen wirtschaftlichen Aktivität entspricht.

Es ist schwer vorstellbar, dass die künftigen Renditen im Vergleich zum letzten Jahrzehnt nicht enttäuschen werden. Diese Überrenditen waren jedoch das Ergebnis einer monetären Blase. Für die Anleger wird es unerfreulich sein, wenn sie irgendwann platzt.

Werden die Anleger in diesem Jahrzehnt also KEIN Geld verdienen? Nein. Es bedeutet nur, dass die Renditen wahrscheinlich wesentlich niedriger ausfallen werden als in den letzten zehn Jahren.

Dennoch könnten "nur" durchschnittliche Renditen die hohen Erwartungen vieler Investoren schmerzlich enttäuschen.

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