Lance Roberts | 06.04.2023 15:09
Trotz der anhaltenden Sorgen über Inflation, höhere Zinsen, Rezessionsrisiken und eine Bankenkrise erreichte der Markt im vergangenen Oktober seine Talsohle. Während die Headlines in den Medien und in den Youtube-Podcasts mit Schlagzeilen zur aktuellen "Krise" gefüllt sind, steigen, wie in "Analysten heben Schätzungen an" erwähnt , die Erwartungen für Wachstum und Gewinn.
"Wenn es 'keine Rezession im Jahr 2023' gibt, dann würde das bedeuten, dass der Rückgang der Unternehmensgewinne und Gewinnspannen vorbei ist. Damit sollten die Aktien auf dem aktuellen Niveau fair bewertet sein, was für die Rückkehr eines optimistischeren Trends spricht. Der Bloomberg Economic Growth Consensus für die US-Wirtschaft steigt derzeit, und es wird nur noch ein Quartal negativen Wachstums erwartet."
"Wenn man bedenkt, dass die Gewinne von der Wirtschaftstätigkeit abhängen, sollte der derzeitige Gewinnrückgang vor der Talsohle der Wirtschaftstätigkeit liegen. S&P Global hat Mitte März die Gewinnprognose für den S&P 500 bis Ende 2024 veröffentlicht. Ähnlich wie die Wirtschaftsexperten geht auch S&P davon aus, dass die Unternehmensgewinne im ersten Quartal ihre Talsohle erreichen und zu ihren Höchstständen vom Januar 2022 zurückkehren werden."
"Interessanterweise haben die Finanzmärkte diese besseren Aussichten seit den Tiefstständen im Oktober bereits einkalkuliert. Das ist nicht weiter ungewöhnlich, da Investoren aufgrund robusterer Prognosen damit beginnen, für solide Investments mehr zu zahlen. Wenn also die Gewinnprognosen zutreffen, sollte der Markt diese Prognosen widerspiegeln und in Richtung der vorherigen Markthochs steigen."
Während Ökonomen und Analysten von einem Szenario ohne eine Rezession ausgehen, erreichte der Markt im Oktober die Talsohle aufgrund von Hoffnungen auf eine Umkehr der Geldpolitik der Fed. Wir wissen nicht, ob eine der beiden Betrachtungsweisen richtig ist.
Wie dem auch sei, mehrere technische Indikatoren stützen die These, dass der Markt im Jahr 2022 seinen Tiefpunkt erreicht hat, was eher gegen eine Fortsetzung des Bärenmarktes spricht.
h3 Immer noch in einer Korrekturphase/h3Obwohl im letzten Jahr viel über den "Bärenmarkt" gesprochen wurde, stimmt diese Klassifikation so nicht. Tatsächlich ist der Markt ist im vergangenen Jahr um mehr als 20 % gefallen, was der Definition der Medien für einen Bärenmarkt entspricht. Aber ist ein Rückgang von 20 % noch ein gültiges Maß für eine solche Einstufung?
Für die Beantwortung dieser Frage müssen wir uns zunächst auf eine grundlegende Definition einigen.
Das nachstehende Diagramm veranschaulicht diesen Unterschied. Bei der Betrachtung der Preistrends wird der Unterschied deutlich und aussageträchtig.
Diese Unterscheidung ist auch wichtig, um "Korrekturen" und "Bärenmärkte“ richtig voneinander abzugrenzen.
Ein gutes Beispiel für die Ungenauigkeit der 20%-Regel ist der Kursrückgang von 35 % im März 2020. Dieser Rückgang vollzog sich ungewöhnlich schnell, wenn man die monatlichen Schlusskurse zugrunde legt. Dieser Rückgang durchbrach jedoch nicht den langfristigen Aufwärtstrend und kehrte schnell zu neuen Höchstständen zurück, was auf das Vorliegen einer "Korrektur" schließen lässt.
Der massive fiskalische Impuls für das Finanzsystem und die Wirtschaft in den Jahren 2020 - 2021 führte zu einer bislang noch nie dagewesenen Bewegung über den übergeordneten Aufwärtstrend hinaus. Der Markt ist derzeit dabei, diese übermäßige Abweichung zu korrigieren, hat aber den vorherigen Aufwärtstrend noch nicht wieder getestet. Angesichts einer so großen Abweichung erfordert die laufende Korrektur einen tieferen Kursrückgang oder eine ausgedehnte Phase der Kurskonsolidierung.
Unabhängig davon, wie die Preisabweichung während des Korrekturprozesses gelöst wird, bleibt der langfristige Bullenmarkt, der 2009 begann, solange intakt, wie der Trend zu steigenden Preisen anhält.
Die langfristigen technischen Strukturen des Marktes bestätigen diese Einschätzung ebenfalls.
h3 Langfristige technische Daten weiterhin bullisch/h3Tagescharts können ein kurzfristiges Verständnis der Marktpsychologie von Tagen bis Wochen vermitteln. Das Problem bei der Analyse von Tagescharts ist, dass die Volatilität zu kurzfristigen Swings am Markt führen kann, die nicht mit dem zugrunde liegenden Trend oder den Fundamentaldaten des Marktes übereinstimmen.
Wenn man diese Preisbewegung durch die Betrachtung der wöchentlichen Kursdaten herunterbricht, glättet das die Volatilität. So ergibt sich ein klareres Bild des Marktes, das uns eine bullische Botschaft vermittelt.
Der S&P 500 hat auf Wochenbasis sieben Mal über seinem gleitenden 40-Wochen-Durchschnitt geschlossen und das Breakout-Niveau dann erfolgreich getestet. Das deutet die Rückkehr eines eher bullischen Trends an. Wenn wir davon ausgehen, dass die Unterstützungen weiterhin halten, sind die nächsten wichtigen Widerstandsniveaus die Höchststände vom Februar bei 4.200 und dann das Hoch vom August 2022 bei 4.325.
Darüber hinaus entsprach das Oktobertief der Unterstützung des gleitenden 200-Wochen-Durchschnitts, der seit den Tiefstständen aus dem Jahr 2009 als Support dient.
Außerdem hat die überwiegende Mehrheit der wichtigsten Märkte und Sektoren wöchentliche Kaufsignale registriert. Daraus ließ sich in der Vergangenheit eine eher bullische Tendenz für den Gesamtmarkt der nächsten 12 Monaten erkennen.
Der nachstehende Chart zeigt das Crossover-Signal der gleitenden Durchschnitte seit 1998. Die orangefarbenen Balken zeigen Zeiträume an, in denen eine Reduzierung des Aktienengagements empfehlenswert war. Wie Sie sehen können, dauern die Perioden eines positiven Crossovers, in denen die Aktienquote erhöht werden sollte, in der Regel ein Jahr oder länger. Seit 1998 hat es nur zwei falsche Signale für eine Erhöhung des Aktienengagements gegeben, eines im Jahr 2002 und einmal Anfang 2016.
Aus Anlegersicht lässt die technische Entwicklung des Marktes vermuten, dass die Talsohle im Jahr 2022 erreicht wurde. Genau wie im Jahr 2002 besteht jedoch die Gefahr, dass die Kurse noch einmal nachgeben könnten.
h3 Die richtige Positionierung für die Zukunft/h3Wie bereits erwähnt, ist das größte Problem der Anleger die Unterscheidung zwischen dem Marktgeschehen und der wirtschaftlichen und fundamentalen Dynamik. Damit will ich sagen ... ich weiß auch nicht, ob der Markt im Oktober seinen Tiefpunkt erreicht hat oder nicht.
Es gibt jedoch einige Regeln, an die wir uns halten können.
Regel Nr. 1: Verlierer abstoßen, Gewinner laufen lassen.
Man muss ein sehr bescheidener Mensch sein, um erfolgreich auf den Märkten zu navigieren. Wenn Investitionen nicht so laufen, wie man es sich wünscht, ist falscher Stolz fehl am Platz. Anleger mit einem großen Ego bringen es nicht über sich, Fehler zuzugeben, oder sie glauben, dass sie die großartigsten Stock-Picker aller Zeiten sind. Wenn man an den Märkten überleben will, muss man Selbstüberschätzung vermeiden.
Regel Nr. 2: Investieren ohne konkrete Ziele ist ein großer Fehler.
Bevor Sie investieren, sollten Sie bereits die Antwort auf die folgenden zwei Fragen parat haben:
Hoffnung und Gier sind nicht Bestandteil erfolgversprechender Investitionsmethoden.
Regel Nr. 3: Emotionale und kognitive Voreingenommenheit können nicht Teil der Methode sein.
Wenn Ihre Investitions- (und Finanz-)entscheidungen mit Formulierungen wie
beginnt, ist das ein schlechter Start in eine Anlage.
Regel Nr. 4: Immer dem Trend folgen.
"80 % der Portfolioperformance wird vom zugrunde liegenden Trend bestimmt."
Regel Nr. 5: Niemals aus einem Gewinn einen Verlust werden lassen.
Beim Investieren geht es darum, über die Zeit Erträge zu erwirtschaften. Wenn Sie Ihre Gewinne nicht mitnehmen und zulassen, dass sie sich in einen Verlust verwandeln, haben Sie einen "finanziellen Spülkreislauf" in Gang gesetzt.
Ganz wichtig: Eine "Rückkehr zum Gleichstand" ist keine Investitionsstrategie.
Regel Nr. 6: Die Chancen auf Erfolg verbessern sich erheblich, wenn die technische Analyse die Fundamentalanalyse unterstützt.
Der Markt kann die Fundamentaldaten über eine lange Zeit ignorieren. Wie John Maynard Keynes einst sagte:
"Der Aktienmarkt kann länger irrational bleiben, als man zahlungsfähig bleiben kann."
Der Einsatz eines technischen Overlays zur Bestimmung des "Wann" (für ein Investment) kann die Rendite erheblich steigern und das Kapitalrisiko des "Was", das die Fundamentalanalyse zutage fördert, kontrollieren.
Regel Nr. 7: In Bullenmärkten muss man "Long" sein - in Bärenmärkten "Neutral" oder "Short".
Gegen den großen "Trend" des Marktes zu investieren, ist grundsätzlich ein erfolgloses und frustrierendes Unterfangen. Während langfristiger Bullenmärkte sollten Sie in Risikoanlagen wie Aktien investiert blieben oder Gewinnpositionen kontinuierlich abbauen.
In Bärenmärkten können Anleger ihre Bestände an Risikoaktiva auf ihre Zielallokation reduzieren und Liquidität - trockenes Pulver - aufbauen. In dem Gedanken zu kaufen, dass die Talsohle eventuell erreicht ist, oder dass "die Aktien nicht weiter fallen können" , geht in der Regel schief.
Regel Nr. 8: Beim Investieren zuerst auf das Risiko schauen, nicht auf die Rendite.
Anleger, die sich in erster Linie auf das Risiko konzentrieren, werden weniger leicht Opfer ihre eigenen Gier. Wir neigen dazu, uns auf die potenzielle Rendite zu konzentrieren und das Risiko, das wir eingehen, um diese zu erreichen, als zweitrangig abzutun.
Ein verantwortungsbewusstes Portfoliomanagement strebt an, Geld langfristig zu vermehren, um bestimmte finanzielle Ziele zu erreichen, und berücksichtigt die Risiken, die zu ihrer Erreichung eingegangen werden. Die Vermeidung signifikanter Verluste in den Portfolios bedeutet, dass man einen Teil der Gewinne aufgibt, um den größten Teil der Verluste zu vermeiden. Zwar können sich Portfolios nach einem katastrophalen Verlust wieder erholen, doch die kostbare Zeit, die beim "Wiedererreichen des Ausgangspunkts" verloren geht, kann nie wieder aufgeholt werden.
Regel Nr. 9: Das Ziel des Portfoliomanagements ist eine Erfolgsquote von 70 %.
Überlegen Sie mal: Major-League-Sportler schaffen es mit einer Erfolgsquote von 40 % in die "Hall of Fame".
Beim Portfoliomanagement geht es nicht darum, immer Recht zu haben. Es geht darum, beständig "mit dabei zu sein", um das Spiel langfristig zu gewinnen. Es gibt keine Strategie, keine Disziplin und keinen Stil, der immer funktioniert.
Wenn Sie das einmal verstanden haben, sind die anderen 8 Regeln viel einfacher zu befolgen.
Als Anleger ist es sehr wichtig, sich von seinen "Emotionen" zu lösen. Betrachten Sie den Markt um Sie herum mit Objektivität. Wird er derzeit von "Gier" oder von "Angst" beherrscht? Ihre langfristige Rendite wird stark davon abhängen, wie Sie diese Frage beantworten und das damit verbundene Risiko bewältigen.
"Das Hauptproblem des Anlegers - und wahrscheinlich sogar sein schlimmster Feind - ist wahrscheinlich er selbst." – Benjamin Graham (NYSE:GHC)
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