Alfonso Peccatiello | 20.03.2023 06:52
Der Druck der Märkte auf die US-Banken greift nun auch auf Europa über, wo die bereits angeschlagene Credit Suisse (NYSE:CS) die Schweizer Regierung um Hilfe bitten musste und zunächst einmal eine Liquiditätsspritze erhielt. Gestern dann die Meldung von der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS (SIX:UBSG).
Die Anleger stellen sich jetzt schmerzhafte Fragen - und die Stunde der Wahrheit rückt immer näher. Zur korrekten Beantwortung dieser Fragen ist eine datengestützte, umfassende Makroanalyse erforderlich.
In diesem Beitrag:
Lassen Sie uns zunächst den Stand der Dinge in den USA betrachten.
Die US-amerikanische Bankenaufsicht und das Rahmenwerk der Rechnungslegung leiden unter einigen schweren Mängeln.
Ja, Sie haben richtig gelesen.
h3 1. Banken mit einer Bilanzsumme von weniger als 250 Mrd. USD können sich wie Cowboys verhalten/h3Keine Einhaltung der strukturellen Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio „NSFR“), einer Vorschrift, die große Banken dazu zwingt, einen guten Anteil ihrer Verbindlichkeiten in festen, langfristigen Finanzierungen zu halten, was Liquiditätsrisiken begrenzt.
Die Einhaltung der Liquiditätsdeckungsquote (Liquidity Coverage Ratio oder „LCR“) ist nicht erforderlich: „Kleine'“ Banken können anstelle von Staatsanleihen einen unverhältnismäßig hohen Anteil an weniger liquiden Wertpapieren wie Unternehmensanleihen oder hypothekarisch gesicherten Wertpapieren kaufen.
Das Problem ist, dass eine Bank mit einer Bilanzsumme von 249 Mrd. USD nicht wirklich klein ist. Zum Vergleich: Eine deutsche Bank, die zu den Top 3 gehört, hat eine Bilanzsumme von weniger als 200 Mrd. USD. Ja, das gilt für die Top-3-Finanzinstitute in Deutschland!
Die laxe aufsichtsrechtliche Behandlung von „kleinen, aber nicht wirklich kleinen“ Banken birgt viele Gefahren.
h3 2. Selbst für große Banken, die Anleihen als bis zur Endfälligkeit gehalten (HTM) bilanzieren, ist eine Absicherung ihrer Zinsrisiken nicht vorteilhaft/h3HTM => entspannte Buchhaltung: Anleihen einfach einbuchen und vergessen, da sie zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden. Ein umsichtiges Risikomanagement empfiehlt die Absicherung des Zinsrisikos.
Tatsächlich benachteiligen die US-amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften die Absicherung von Zinssätzen für HTM-Anleihen - Wahnsinn. Aber das ist noch nicht alles ...
h3 3. Keine angemessenen Stresstests für das Zinsrisiko/h3Leute - es ist kaum zu glauben.
Wie wir wissen, verfügt Europa über ein recht umfassendes Rahmenwerk für Stresstests des Zinsrisikos, das die europäischen Banken in ihren Gesamtbilanzen eingehen (das Nettoengagement aus Krediten, Hypotheken, Anlagen in Anleihen, Emissionen von Anleihen, langfristigen Verbindlichkeiten und Swaps).
Das Ganze heißt „Stresstest des Zinsänderungsrisikos im Anlagebuch“. Wie heißt das US-amerikanische Gegenstück? Das gibt es überhaupt nicht!
Hier mahnt der IWF die US-Regulierungsbehörden zu diesem Thema:
Nehmen Sie sich bitte einen Moment Zeit, um sacken zu lassen, wie ernst die Lage ist. Für „kleine“ US-Banken gelten noch wesentlich laxere aufsichtsrechtliche Anforderungen.
Aber selbst für große US-Banken ist es bilanzpolitisch nachteilig, das Zinsänderungsrisiko von HTM-Anleihen abzusichern - und schlimmer noch, sie sind zu keinerlei tiefergehenden Stresstests für das gesamte Zinsänderungsrisiko verpflichtet, das sie in ihren Bilanzen eingehen.
Europa hat viel strengere Standards für die Bankenregulierung und einen strengeren Rechnungslegungsrahmen - und dennoch scheint die Panik auch dort um sich zu greifen.
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