Feingold Research | 02.08.2018 10:45
Fast allen großen Krisen in den Schwellenländern gingen Zinsanstiege in den USA voraus. Jetzt steigen die US-Zinsen wieder, stehen den Emerging Markets damit zwangsläufig schwere Zeiten bevor? Von einer Krise kann bei Apple (NASDAQ:AAPL) aktuell nicht die Rede sein, der iPhone-Hersteller steuert zunehmend auf die eine Billion Dollar zu. Das gelang bisher noch keinem Unternehmen – wir lassen den Börsengang von PetroChina (NYSE:PTR), dessen Aktien größtenteils in Staatshand waren und kurz darauf stark abstürzten, mal außen vor. Für Trader liegt nun der Turbo-Bull CQ6HKP die Chance auf 9 Prozent Bonusrendite.
Schauen wir nun auf die Emerging Markets – wir stellen die Einschätzung der J. P. Morgan-Experten vor, die sich mit der Frage der steigenden US-Zinsen beschäftigen:
Fast allen großen Krisen in den Schwellenländern gingen Zinsanstiege in den USA voraus. Jetzt steigen die US-Zinsen wieder, trotzdem sieht Tilmann Galler, globaler Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, die Gefahr für die Emerging Markets als geringer an. „Bislang galt es in der Weltwirtschaft fast als Naturgesetz, dass steigende US-Zinsen ein großes Risiko für die Volkswirtschaften der Emerging Markets darstellen – doch diese Gesetzmäßigkeit lässt sich aktuell widerlegen“, so Galler.
Historisch betrachtet folgten tatsächlich die Lateinamerika-Krise in den 80er Jahren, die Tequila-Krise in Mexiko 1994 oder die Asien-Krise 1998 auf kräftige Anstiege der US-Zinsen. Der Zusammenhang zwischen steigenden US-Zinsen und wirtschaftlicher Instabilität ergebe sich aus der Art der Finanzierung von Staat und Unternehmen: Aufgrund mangelnder Liquidität lokaler Anleihenmärkte finanzierten sich zahlreiche Schwellenländer traditionell in US-Dollar. Steigende US-Zinsen erhöhen damit die Kosten des Schuldendienstes.
„Kritisch wird es jedoch erst dann, wenn zusätzlich zu steigenden Zinsen der US-Dollar aufwertet, denn dann werden nicht nur die Zinszahlungen teurer, sondern zudem steigt das absolute Schuldenniveau. Und genau solch eine Konstellation haben wir nun seit Ende April 2018“, erläutert Galler. So haben eine boomende US-Wirtschaft und eine restriktivere US-Notenbank zu einem steigenden US-Dollar geführt, während sich gleichzeitig die Wachstumsaussichten in den Schwellenländern und dem Rest der Welt etwas eingetrübt haben. „Nun ist die US-Währung zu einem relativ attraktiven Ziel für Investoren geworden – und die Situation wird unangenehmer für die aufstrebenden Volkswirtschaften, die von der Bereitschaft des Auslands abhängig sind, ihr Leistungsbilanzdefizit zu finanzieren“.
Die Sorge, dass sich die Krisen der Vergangenheit wiederholen, sieht der Experte jedoch als wenig berechtigt an, denn nach einigen schwachen Jahren habe sich die Leistungsbilanzsituation der Schwellenländer wieder verbessert. „Seit der Asienkrise haben sich in zahlreichen Ländern lokale Anleihenmärkte entwickelt, die inzwischen mehr als 80 Prozent des handelbaren Anleihenuniversums vor Ort ausmachen. Die direkte Abhängigkeit von den US-Zinsen ist aus diesem Grund deutlich gesunken“, betont Galler. Dennoch habe in den letzten zehn Jahren das Gesamtvolumen der US-Dollar-Verschuldung in den Schwellenländern zugenommen, weil sich neben den Staaten auch die Unternehmen günstig in US-Dollar finanziert hatten. Das Volumen der ausstehenden Kredite in US-Dollar stieg in diesem Zeitraum um 150 Prozent.
„Die Risiken der US-Dollar-Verschuldung sind dabei in den verschiedenen Schwellenländern sehr ungleich verteilt“, unterstreicht Galler. Es gebe Länder wie die Türkei und Argentinien, die sowohl ein Leistungsbilanzdefizit als auch einen starken Anstieg der Auslandsverschuldung zu verzeichnen haben. Ansererseits können viele große asiatische Länder nicht nur einen hohen Leistungsbilanzüberschuss, sondern auch eine deutlich verbesserte Position in der externen Verschuldung verzeichnen. „Selbst wenn ein Land eine verwundbare Zahlungsbilanz hat, bedeutet das noch lange nicht, dass eine Krise unvermeidlich ist“, so Galler. „Solange der Wachstumsausblick für die Wirtschaft und die Gewinne der Unternehmen gesund sind, werden ausländische Kapitalgeber erfahrungsgemäß weiterhin bereit sein zu investieren.“
h3 Stabilität durch robustes reales Wachstum/h3So lautet Gallers Fazit: „Für 2018 bleibt, trotz der jüngsten Korrektur der Prognosen, das absolute Niveau des realen Wachstums mit wahrscheinlich knapp fünf Prozent robust und die Unternehmen dürften deshalb ihre Gewinne steigern können. Das schließt zwar eine Krise in einzelnen Ländern nicht aus, sollte aber der Region insgesamt Stabilität verleihen. Auch hat sich generell das aggregierte Leistungsbilanzdefizit der Schwellenländer in den letzten fünf Jahren verbessert. Und diese positive Entwicklung verbunden mit der Etablierung der lokalen Anleihenmärkte für die Schwellenländer trägt dazu bei, dass bisherige Gesetzmäßigkeiten nicht mehr zwangsläufig zugrunde zu legen sind.“
Quelle: J. P. Morgan, eigene Recherche
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