Investing.com | 13.03.2019 08:20
Niemand hatte damit gerechnet, dass der von Theresa Mays Regierung ausgehandelte Brexit-Deal gestern die Zustimmung des Parlaments gewinnen konnte, und nur sehr wenige erwarten, dass die Abgeordneten bei ihrer heutigen Abstimmung am Mittwoch, für einen Ausstieg aus der Europäischen Union ohne ein Übergangsabkommen stimmen werden. Was die Abstimmung am Donnerstag übriglässt, bei der es darum geht, ob Großbritannien eine Verlängerung der am 29. März auslaufenden Austrittsfrist anfragen wird, auch wenn es kaum Alternativen hierzu gibt.
Auf der anderen Seite ist es schwer zu sagen, was sich das Parlament von einer solchen Vertagung erhofft. Die EU-Unterhändler haben es völlig klar gemacht, dass es keine weiteren Zugeständnisse geben wird, weder beim irischen Backstop, noch bei auch nur einem der anderen Streitpunkte, die die Brexit-Befürworter an Mays Deal bemängeln. Es gibt ohne Zweifel auch die Hoffnung unter vielen, dass Großbritannien irgendwie—nachdem es derartigen Mist gebaut hat—die ganze Idee eines Austritts aus der EU fallenlassen wird, oder die Frage zumindest noch einmal einer Volksabstimmung unterwirft.
May könnte sogar die Tür für diese Spekulationen geöffnet haben, mit ihren Bemerkungen nach der Abstimmungsniederlage, als sie die Abstimmung am Donnerstag über eine Verlängerung der Brexit-Verhandlungen kommentierte. “Die EU wird wissen wollen, wieso wir diese Vertagung wollen," sagte sie. "Das Unterhaus wird diese Frage zu beantworten haben: Will es Artikel 50 suspendieren, will es ein zweites Referendum oder will es einen anderen Deal, aber nicht diesen Deal.”
Das Pfund hielt sich über Wasser, trotz der Abstimmungsniederlage, und behauptete sich über 1,30 USD, nachdem es kurzzeitig durch den Boden gebrochen war. Es ist klar, dass die Investoren erwarten, mehr Zeit zu bekommen, und sei es nur um sich auf einen 'no-deal' Brexit ohne Übergangsabkommen vorbereiten zu können.
Die Finanzaufsichtsbehörden sind gut beschäftigt gewesen und haben Vorbereitungen getroffen, die Fortführung der meisten Handelsaktivitäten auch im Fall eines Austritts ohne Abkommen Ende dieses Monats sicherzustellen. Die Bank of England hat den Banken gesagt, viel extra Liquidität vorzuhalten und hat Swap-Arrangements aktiviert, um das Vorhandensein ausreichender Devisenreserven zu gewährleisten.
Solche Vorsichtsmaßnahmen sind umsichtig, weshalb wahrscheinlich einige Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses (Monetary Policy Committee, MPC) sich öffentlich dahingehen geäußert haben, sie würden im Fall eines harten Brexits für eine Senkung der Zinssätze stimmen, um der Wirtschaft soviel Spielraum wie möglich zu geben, mit den Störungen fertig zu werden. Die offizielle Linie der Bank ist indessen, dass steigende Zinsen genauso wahrscheinlich sind wie fallende, sollte es zu einem chaotischen Brexit kommen.
Das scheint ihren sonstigen Versuchen zu widersprechen, die Märkte mit dem Versprechen zu beruhigen, dass die Bank sich ausreichend flexibel zeigen werde. Zwei der vier externen Mitglieder von insgesamt neun, Silvana Tenreyro und Gertjan Vlieghe, haben durchblicken lassen , dass sie wahrscheinlich für eine Absenkung der Zinsen im Fall eines Austritts ohne Übergangsvertrag stimmen werden.
Bankgouverneur Mark Carney, sein Stellvertreter Dave Ramsden und die zwei anderen externen Ausschussmitglieder Michael Saunders und Jonathan Haskel, haben gesagt, die Zinsen könnten in die eine oder andere Richtung gehen, auch wenn Carney in seiner Stellungsnahme vor dem Parlament sagte, ein Absenkung sei wahrscheinlicher. Er warnte allerdings, dass ein 'no-deal' Brexit inflationsfördernd sei, da die Möglichkeit einer erheblich Abwertung des Pfunds bestünde.
Die stellvertretenden Gouverneure Jon Cunliffe und Ben Broadbent, wie auch Chefvolkswirt Andy Haldane haben ihre Positionen nicht publik gemacht.
Die Zentralbank hatte im vergangenen Jahr signalisiert, dass sie das Geld verknappen wolle, aber sich wegen des Brexits zurückgehalten hat. Als die Aussichten auf einen Deal abnehmen, hat sich der Fokus den möglichen Marktstörungen zugewandt und die Bank sich mit weiteren Notfallplänen beschäftigt. Carney, der sich sehr vehement zu den Risiken des Brexits geäußert hatte, hat mit dem Nahen der Deadline seinen Ton gemäßigt.
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