Philip Hopf | 21.02.2023 15:35
Im Jahr 2021 wurde erstmals von der deutschen Regierung die sogenannte Aktienrente in die Runde geworfen. Begriffe wie Aktienrücklage und Generationenkapital machten daraufhin die Runde. Begründet wurde das Konzept damit, dass die gesetzliche Rentenversicherung bereits jetzt mit mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr aus dem Bundeshaushalt bezuschusst werden muss – Tendenz steigend. Ziel ist es, das auf lange Sicht nicht mehr tragfähige Rentensystem zu reformieren und mit einer gesetzlichen Aktienrente eine Stabilisation der öffentlichen Finanzen zu erreichen. Im Koalitionsvertrag wurde sich bereits darauf verständigt, dass die Renten zukünftig teilweise aus Aktiengewinnen finanziert werden sollen.
Bislang wurde die Rente über ein Umlageverfahren finanziert. Das bedeutet: Aktuelle Einnahmen aus den Beiträgen der Versicherten und Arbeitgeber fließen gemeinsam mit den Zuschüssen des Bundeshaushalts zusammen und werden für die laufenden Rentenzahlungen verwendet. Entsprechend bedeutet das Umlageverfahren, dass die Beitragszahler keinen eigenen Kapitalbestand für ihre Rente aufbauen, sondern die Bezüge der aktuellen Bezieher von Renten finanzieren. Im Umkehrschluss wiederum qualifiziert man sich später für den Erwerb seiner eigenen Rente. So die Theorie.
Ins Wanken gerät dieses System aufgrund des demografischen Wandels. Dieser beschreibt im Allgemeinen die Veränderung der Bevölkerungszusammensetzung. In den 1960er-Jahren kamen auf einen Rentner noch satte sechs Erwerbstätige. Inzwischen sind es noch stolze 1.8 Beitragszahler, welche einen Rentner finanzieren. Noch düsterer scheinen die Aussichten, wenn man sich auf Schätzungen des Instituts für Wirtschaftswissenschaften Köln beruft. Bis 2030 soll dabei die Zahl der Personen, welche einen Ruheständler finanziell tragen, auf 1.5 sinken. Die Politik sieht sich entsprechend zum Handeln veranlasst und will mit dem sogenannten Generationenkapital, auch Aktienrente genannt, entgegenwirken.
h3 Wie funktioniert die Aktienrente?/h3Bei der Aktienrente soll ein Teil der Rentenbeiträge in einen staatlichen Fonds fließen, über welchen die Regierung Anleihen und Aktien an der Börse kauft. Der Kapitalstock, welcher damit aufgebaut wird, soll die gesetzliche Rente ergänzen. Wichtig: Ergänzen bedeutet nicht ablösen. Über die Größe des Kapitalstocks konnte man sich noch nicht einigen. Die Überlegung ist gegenwärtig, eine jährliche Aufstockung von 10 Milliarden Euro zu erwirken, sodass im Jahr 2038 die ersten Renten gezahlt werden können. Mittels einer unabhängigen Stiftung soll die Zweckgebundenheit gesichert werden. Der Bund plant, sich anfangs mit Krediten zu verschulden, um die Aktienrente zu finanzieren. Auch wurde sich darauf geeinigt, dass keine Rentenbeiträge in den Fonds einfließen sollen. Können wir also zukünftig mit 55 in Rente gehen? Wohl kaum. Vielmehr soll dem weiteren Rückgang des Rentenniveaus entgegengewirkt werden. Außerdem sollen die Beitragszahlungen weniger rasant ansteigen. Entlastet werden sollen vor allem indirekt die Steuerzahler.
Durch die langfristigen Investitionen soll das Risiko von Kursverlusten ausgeglichen werden. Die Regierung hat zudem verkündet, dass eine schlechte Performance auf dem Kapitalmarkt nicht zu einer Rentenkürzung führen soll. Die Schwankungen, welche eher von kurzfristiger Natur sind, sollen über die Rücklagen der Rentenversicherung ausgeglichen werden. Wie genau die Investitionen erfolgen sollen, ist noch unklar. Das Bundesfinanzministerium teilte zuletzt mit, dass es sich um eine Abstraktion des sogenannten Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung handeln soll, welcher vom Bund im Jahr 2017 gegründet wurde. Der KENFO, so die Kurzform, ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung, die ins Leben gerufen wurde, um die Finanzierung der Lagerung radioaktiver Abfälle aus der gewerblichen Nutzung der Kernenergie zu gewährleisten. Ähnlich soll demnach das Geld für die Renten angelegt werden.
h3 Vorreiter: Schweden und Norwegen/h3Ein Blick nach Norwegen und Schweden zeigt, dass sich der Rententopf mittels funktionierender Staatsfonds gut füllen lässt. Der Ansatz der Aktienrente wird hier bereits seit mehreren Jahren verfolgt. Der schwedische AP7-Fonds beispielsweise wurde im Jahr 2010 aufgelegt und hat seither eine Rendite von satten 11% pro Jahr geliefert. Mittlerweile stecken im Fonds über 88 Milliarden Euro. Der norwegische Staatsfonds wiederum wird seit 1998 verwaltet und umfasst ein Volumen von 1200 Milliarden Euro. Dabei werden Einnahmen aus Öl- und Gasgeschäften überwiegend in Aktien investiert. Auch muss erwähnt werden, dass der Staatsfonds im Rahmen der schwächelnden Wirtschaft – gerade in 2022 – mitunter im zweistelligen Milliarden-Bereich geschwankt ist. Der norwegische „Government Pensions Fund“ ist im Übrigen der größte Staatsfonds der Welt.
Insgesamt sollte zunächst bedacht werden, dass der Gesetzesentwurf zur Aktienrente bislang noch nicht beschlossen wurde. Kritik erfährt die Reform vor allem durch diejenigen, welche einem Aktieninvestment kritisch gegenüberstehen. Auch haben Ökonomen bereits mehrfach darauf verwiesen, dass die angedachte Summe zur Stabilisierung der gesetzlichen Rente nicht ausreichen würde. Kriege, hohe Inflation und steigende Leitzinsen haben bei anderen Ländern außerdem aufgezeigt, dass es kurzfristig zu herben Verlusten in den Staatsfonds kommen kann. Langfristig konnten dennoch positive Renditen eingefahren werden. Beispielsweise hat der norwegische Staatsfonds seit 1996 umgerechnet 580 Milliarden Euro erwirtschaftet – trotz aller Krisen in dieser Zeit. Zweifel bestehen überdies an der Zweckentfremdung des Kapitalstocks, wie beispielsweise für energiepolitische Aufgaben. Übrigens: Die Beamtenversorgung, welche von der deutschen Bundesbank verwaltet wird, legt die zugeteilten Gelder der Altersvorsorge für Richter, Beamten und Soldaten bereits am Kapitalmarkt an. Alles in allem dürfte die private Vorsorge, gerade in Hinblick auf die späteren Rentenaussichten, die beste Alternative darstellen, um die persönliche Versorgungslücke auszugleichen.
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