Aktienmarkt: Weder Fed noch EZB können den Herdentrieb stoppen

 | 03.02.2023 10:42

Interessant ist, dass sich auf der Pressekonferenz nach der vorgestrigen Zinsentscheidung der US-Notenbank (Fed) die allererste Wortmeldung aus den Reihen der Reporter an Fed-Chef Jerome Powell auf die gelockerten Finanzierungsbedingungen (engl.: financial conditions) bezog. Genau diese hatte ich in der vorgestrigen Börse-Intern-Ausgabe ebenfalls thematisiert, offenbar aus gutem Grund. Doch auf die Frage, ob diese Entwicklung die Arbeit der Fed erschwere und letztlich ein höheres Leitzinsniveau erforderlich mache, verwandelte Jerome Powell den Elfmeter nicht. Laut Powell sei es zwar wichtig, dass die Finanzbedingungen die Geldpolitik widerspiegeln, man lege aber keinen Fokus auf kurzfristige Bewegungen. Mit dieser Aussage ließ er die Chance ungenutzt, den Börsen einen Schlag zu versetzen, um die Kurse und damit auch die Finanzierungsbedingungen in die für die Fed richtige Richtung zu treiben.h3 Short-Squeeze/h3

Weil aber offenbar einige Short-Spekulanten am Aktienmarkt auf einen Gegenschlag gesetzt hatten, kam es in der Folge zu einem Short-Squeeze. Die Aktienkurse zogen an, Short-Positionen mussten geschlossen werden, was die Nachfrage anheizte und den Kursanstieg befeuerte. Anders ist die bullishe Marktreaktion auf die Pressekonferenz nicht erklären. Denn Powell sendete keinerlei Signale, vom bisherigen Plan abzurücken.

Stattdessen waren die Aussagen recht eindeutig, dass die Notenbank immer noch die Notwendigkeit für weitere Leitzinsanhebungen sieht. „Auch wenn sich die Inflation zuletzt abgeschwächt hat, bleibt sie zu hoch“, sagte Powell. Und er warnte: „Je länger die derzeitige Phase hoher Inflation anhält, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erwartungen einer höheren Inflation verfestigen“. Es gäbe daher mehr zu tun, fügte der Notenbankchef hinzu.

Baldigen Zinssenkungen erteilte er deswegen eine Absage. Die derzeitigen Aussichten ließen ein schwächeres Wachstum, einen leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit und einen allmählichen Rückgang der Inflation erwarten, so Powell. Und: „Wenn sich die Wirtschaft im Großen und Ganzen im Einklang mit diesen Erwartungen entwickelt, wird es nicht angebracht sein, die Zinsen in diesem Jahr zu senken“. Zumal der disinflationäre Prozess noch in einer frühen Phase sei und der Arbeitsmarkt extrem angespannt bleibe. Und es brauche Zeit, bis die Geldpolitik wirke. Die Fed habe auch noch nicht entschieden, bei welchem Niveau sie ihren Zinserhöhungskurs beenden werde.

h3 Rosinenpicken führt in eine Übertreibung/h3

Letztere Aussage kann man allerdings auch bullish werten, also ein früheres Ende der Zinsanhebungen hineininterpretieren. Zudem gab es für die Märkte auch eindeutig Positives zu vernehmen. So sei Powell weiterhin der Ansicht, dass es einen Weg gebe, die Inflation wieder auf 2 % zu senken, ohne dass es zu einem erheblichen Konjunkturabschwung oder zu einem signifikanten Anstieg der Arbeitslosigkeit komme. Und sollte die Inflation schneller zurückgehen, werde dies in der Geldpolitik berücksichtigt.

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Offensichtlich haben sich die Märkte an diesen Strohhalmen festgeklammert. Sie blenden derzeit alles Negative aus und konzentrieren sich voll und ganz auf das Positive. Das sind bereits wieder klare Anzeichen für eine Übertreibung.

h3 Comeback der Technologieaktien setzt sich im Rekordtempo fort/h3

Anders lässt es sich auch nicht erklären, dass der Nasdaq 100 inzwischen in nur 18 Handelstagen mehr als 19 % zugelegt hat.