Michael Kramer | 07.02.2022 07:13
Wer glaubt, dass die Turbulenzen an den Märkten in den nächsten Wochen nachlassen werden, der irrt sich gewaltig. Die Realzinsen (NYSE:TIP) steigen, und die laufende Berichtssaison läuft alles andere als glatt. Hinzu kommt die Gefahr, dass die Fed die Zinsen im Jahr 2022 vier- oder fünfmal anheben könnte, was die Anleger sehr nervös macht.
Die von der Fed geplante Straffung der Geldpolitik bei gleichzeitigem Rückgang des Gewinnwachstums stellt den Aktienmarkt auf eine harte Probe. Möglicherweise geht alles nicht so glatt wie von vielen Anlegern und Analysten ursprünglich gedacht. Schließlich gelten Aktien auf Indexebene sowohl beim S&P 500 als auch beim NASDAQ als teuer, weshalb der Schaum aus dem Markt über ein niedrigeres KGV abgeschöpft werden muss.
h2 Steigende Zinsen/h2Je höher die Realzinsen steigen, desto schneller sinkt das Multiple. Wie ich letzte Woche bereits schrieb, ist der Realzins für fünfjährige TIPs dramatisch gestiegen - und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Zu allem Übel könnte die EZB bald ebenfalls ihre Zinsen heraufsetzen. Folglich steigen die Kreditzinsen in ganz Europa, was den Zinsanstieg in den USA nur noch verstärken wird.
h2 Unsichere Aussichten/h2Mittlerweile kann der Aktienmarkt nicht einmal mehr auf den Komfort sprudelnder Unternehmensgewinne zurückgreifen, wie die Zahlen und Ausblicke von Netflix (NASDAQ:NFLX), PayPal (NASDAQ:PYPL), und Meta Platforms (NASDAQ:FB) eindrucksvoll unter Beweis gestellt hatten. Daraufhin brachen diese Titel um mehr als 20 % ein. Gleichzeitig werfen ihre Prognosen die Frage auf, wie konkret die Zukunftsaussichten für das Jahr 2022 und darüber hinaus für viele Sektoren des Aktienmarktes tatsächlich sind.
Die Perspektiven für Aktien im Allgemeinen sind vergleichsweise bescheiden, vor allem wenn man sich die Bewertungsniveaus der Aktienmärkte vor Augen führt. Für den S&P 500 wird in den nächsten 18 Monaten ein Gewinnwachstum von lediglich 9,6 % prognostiziert, ein Rückgang gegenüber dem Höchststand von 28,1 %. Darüber hinaus wird der Index derzeit mit dem 19,5-fachen der Gewinne für denselben Zeitraum gehandelt. Die wachstumsbereinigte PEG-Ratio liegt bei erstaunlichen 2,02 und damit deutlich über dem oberen Ende der historischen Spanne. Daraus könnte man schließen, dass die aktuellen KGVs angesichts des zu erwartenden Gewinnwachstums zu hoch sind.
In Zeiten extrem negativer Realrenditen, einer ultralockeren Geldpolitik und überaus akkommodierender finanzieller Bedingungen kann der Aktienmarkt solche Bewertungsniveaus verkraften. Doch dieser Zustand ändert sich gerade. Die finanziellen Bedingungen verschärfen sich, und die Fed will die Realrenditen nach oben treiben, um den hohen Inflationsraten entgegenzuwirken.
All dies zusammengenommen stellt den Aktienmarkt vor zwei große Probleme. Erstens eine straffere Geldpolitik der Fed und steigende Zinsen. Und zweitens eine deutliche Verlangsamung des Gewinnwachstums im Jahr 2022. Zu allem Überfluss sehen sich einige der Unternehmen, die in den letzten 24 Monaten die Stützpfeiler des Marktes waren, nun einer großen Unsicherheit gegenüber.
Aufgrund all dieser Faktoren droht dem Aktienmarkt im Jahr 2022 eine wesentlich höhere Volatilität als ursprünglich gedacht. Denn die Marktteilnehmer fangen allmählich an, das potenzielle Risiko in dieser Neubewertungsphase zu begreifen.
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