Aktienindizes könnten an wichtigen Widerständen abprallen

 | 16.04.2016 08:06


Dass die US-Energieriesen unter dem Ölpreisverfall leiden, dürfte bekannt sein. Am vergangenen Montag hat mein Kollege Torsten Ewert eindrucksvoll dargelegt, wie stark die Gewinnerwartungen für den Energie- und Rohstoffsektor nach unten geschraubt wurden. Laut den Analysten von Factset Research soll die Branche insgesamt nach zwölf Milliarden Dollar Gewinn im Vorjahr nun einen Verlust von 485 Millionen Dollar ausweisen. Mit den Zahlen von Alcoa hat sich diese Tendenz bereits bestätigt (siehe „Schlechter Auftakt in die US-Berichtssaison?“).

Ölpreisverfall strahlt vom Energie- auf den Finanzsektor
Auch über mögliche Folgen für die Finanzwirtschaft wurde schon reichlich spekuliert. Und dafür hat die begonnene Berichtssaison schon passende Zahlen geliefert. So sind die Top 3 der US-Bankenbranche mit herben Gewinneinbußen ins Jahr gestartet. Der Hintergrund ist unter anderem, dass aus Angst vor Pleiten in der Ölindustrie die Risikovorsorge massiv erhöht wurde. Das geht natürlich zu Lasten der Gewinne.

Die Bank of America (NYSE:BAC) erhöhte ihren Sicherheitspuffer für ausfallbedrohte Kredite um 30 Prozent auf 997 Millionen Dollar, JPMorgan (NYSE:JPM) meldete einen Anstieg der Rückstellungen um fast die Hälfte auf 1,8 Milliarden Dollar und Wells Fargo (NYSE:WFC) weitete den Risikopuffer um satte 80 Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar aus. Bei JP Morgan und Wells Fargo führte dies zu einem Gewinnrückgang um sieben Prozent, die Bank of America musste sogar einen um 18 Prozent rückläufigen Gewinn melden.

Gewinnrückgang ist eingepreist
Das führt nun nicht zwingend zu stark fallenden Aktienkursen, denn die Zahlen sind schon so erwartet worden. Die Geschäftsberichte bestätigen also lediglich die Analystenschätzungen. Und das wiederum ist ein Hinweis darauf, dass die Erwartung eines im Durchschnitt mehr als 8-prozentigen Gewinnrückgangs bei den Unternehmen des S&P500 tatsächlich erfüllt werden könnten.
Doch wie sich aus der Grafik von Montag ergibt, könnte das schlechteste Quartal damit bereits hinter uns liegen. Denn das Tief im Ölpreis wurde am 20. Januar markiert. Entsprechend dürfte es in den kommenden Quartalsberichten nicht mehr zu derart starken Gewinnrückgängen, sondern eher wieder zu positiven Ergebnissen kommen.

US-Wirtschaftswachstum beschleunigt sich
Diese Hoffnung wird unterstützt vom aktuellen "Beige Book", dem Konjunkturbericht der Federal Reserve. Dieser zeichnet ein insgesamt positiveres Bild der Wirtschaft als zuvor. Dazu beigetragen hätten ein besserer Arbeitsmarkt, steigende Löhne und eine leichte Erhöhung der Verbraucherausgaben, heißt es dort. Das Wachstum habe sich im Zeitraum von Ende Februar bis zum 7. April in elf von zwölf Distrikten beschleunigt und es wird eine Fortsetzung dieses Trends erwartet. Müssen die Märkte eine Zinsanhebung im April einpreisen?
Das „Beige Book“ dient der Fed zur der Vorbereitung auf die nächste Zinsentscheidung am 26. und 27. April. Ich bekräftige daher die Aussagen aus der Börse-Intern vom 6. April, die zugleich der Titel dieser Ausgabe war: „US-Konjunkturdaten lassen baldige Zinsanhebung zu“.
Darin schrieb ich unter anderem, dass sich der US-Notenbanker Eric Rosengren überrascht zeigte, dass die Finanzmärkte bislang lediglich von einer oder zwei Zinsanhebungen im laufenden Jahr ausgehen. Am 31. März berichtete ich, dass eine US-Leitzinserhöhung im April am Terminmarkt nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 7 Prozent erwartet wurde.
Sollten sich die Märkte tatsächlich irren und die Fed bereits im April den nächsten Zinsschritt vollziehen, dann müssten die Märkte dies einpreisen – tendenziell über fallende Kurse. Aktienindizes stehen vor wichtigen Widerständen

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In diesem Fall würden die Aktienindizes an wichtigen Widerständen abprallen. So steht der DAX zum Beispiel am oberen Ende seiner alten Seitwärtsrange vom März. Deren Hoch wurde am 23. März bei 10.112,17 Punkten markiert. Vorvorgestern erreichte der DAX einen Stand von 10.098,44 Zählern.