Abverkauf setzt sich fort – Deutschland: Prekäre Bewertungen, Daten und Prognosen

 | 27.09.2023 08:48

Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0565 (05:23 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0557 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 148,99. In der Folge notiert EUR-JPY bei 157,40. EUR-CHF oszilliert bei 0,9683.

Märkte: Abverkauf setzt sich fort

An den Finanzmärkten setzte sich Risikoaversion fort. Aktienmärkte standen unter zunehmenden Druck. An den Rentenmärkten bleibt das Renditeniveau auf den höchsten Niveaus (Deutschland 2,81%, USA 4,53% für 10 jährige Staatstitel. Der USD profitierte leicht gegenüber dem EUR, stärker gegenüber den edlen Metallen.

Deutschland: Prekäre Bewertungen, Daten und Prognosen

Die BIP-Prognosen werden derzeit "eingedampft". Laut Insidern werden die Wirtschaftsforschungsinstitute (Gemeinschaftsprognose) die BIP-Prognose per 2023 von bisher +0,3% auf -0,6% senken. Das BIP soll laut dieser Prognose 2024 um 1,3% zulegen (bisher 1,5%). Das IMK und der BdB erwarten für das laufende Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,5%. Die Prognose des IMK für das BIP wurde per 2024 von 1,2% auf 0,7% reduziert. Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) verkürzte die Prognose per 2024 auf 0,3%.

Der IFO Index der Exporterwartungen fiel per September auf -11,3 Punkte von zuvor -6,5 Punkten im August. Nach dem fünften Rückgang in Folge liegt der Indikator auf dem tiefsten Stand seit Mai 2020, als das "Wirtschaftsverbot" im Rahmen der Politik in der Corona-Pandemie belastete. Laut Umfrage von Yougov (LON:YOU) übersteigen bei 27% die monatlichen Ausgaben das Einkommen, 32% können unerwartete Ausgabe über EUR 1.000 nicht auffangen. Die Sparquote sank von 16,5% (2020) auf 11,1% (2022).

Laut Allianz (ETR:ALVG) Global Wealth Report finden sich die deutschen Bürger auf Platz 19 bei Geldvermögen (noch viertgrößte Volkswirtschaft der Welt). Damit sind wir Schlusslicht des Westens.

NRW Ministerpräsident Wüst sagte, für den Chemiestandort Deutschland sei es fünf vor zwölf.

Kommentar: Die Konfluenz der Prognosen, der Daten und der aktuellen Bewertungen belegt, dass es ein massiver Fehler war, warnende Stimmen zur rechten Zeit zu ignorieren. Der Schaden durch diese Ignoranz ist markant. Der Handlungsbedarf nimmt für die Regierung massiv zu, denn als nächstes drohen so genannte Kaskadeneffekte (Dynamisierung der Talfahrt).

BDI fordert mehr Führung vom Kanzler

Die deutsche Industrie fordert von der Bundesregierung mehr Führung und Tempo bei der Verbesserung der Standortbedingungen. Das von Kanzler Scholz neue Deutschland-Tempo, das es beim Aufbau einer Flüssiggas-Infrastruktur gegeben hat, sei nur in Einzelfällen auszumachen, sagte der Präsident des Industrieverbands BDI.

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Kommentar: Es braucht einen generalistischen Ansatz und nicht primär Einzelfalllösungen.

Industrielle Produktion würde zunehmend eingeschränkt und verlagert, warnte der BDI-Präsident. Die Energiepreise seien im europäischen Vergleich viel zu hoch. Eine Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß und eine Senkung der Netzentgelte wären für alle Verbraucher eine große Entlastung.

Kommentar: Korrekt, es bedarf einer zügigen Umsetzung. Jeder Tag, der handlungslos vorüber geht, definiert einen Tag mit Substanzverlust.

Bei der Modernisierung der Infrastruktur gebe es zu oft Schneckentempo, es brauche eine bessere Zusammenarbeit aller staatlichen Ebenen.

Kommentar: So ist es!

Scholz will „pragmatischere Außenpolitik“

Kanzler Scholz will ein neues Verhältnis mit den Entwicklungs- und Schwellenländern finden (gestern GIZ in Berlin). Er sei bereit, dafür eigene Positionen über Bord zu werfen. Er sagte, es gäbe Bereiche, da müssten wir uns ändern. Zwar sei der Vorwurf von Ländern in Asien, Afrika, Lateinamerika und der Karibik von westlicher Bevormundung oder Doppelmoral nicht immer gerechtfertigt (Kommentar: Aber zu häufig und dann geht es immer um viel!), aber in der EU-Handelspolitik müsse man etwas ändern.

Man müsse die Interessen unserer Partnerländer wahrnehmen und attraktive Angebote machen. Zusammenarbeit in einer multipolaren Welt erfordere ein völlig neues Miteinander. Aufstrebende Länder wie Indien, Indonesien, Brasilien, Vietnam, Südafrika, Nigeria, Ägypten oder Mexiko seien längst zu demografischen, ökonomischen und auch politischen Schwergewichten geworden und wollten sich auch nicht einfach einreihen werden in den einen oder den anderen Block (NYSE:SQ).

Kommentar: Herr Scholz „stürmt“ unsere Bastionen, die wir hier bezüglich des normativ Faktischen, des Rufes nach Pragmatismus, der interessenorientierten Außenpolitik Deutschlands und der EU als auch der UN-Charta (Artikel 2, Souveränität) vertraten und vertreten. Es ist eine späte Ankunft. Ich begrüße, dass Sie angekommen sind. Gilt das auch für die gesamte deutsche Regierung (Projekt Baerbock)?

Habeck erntet Beifall

Applaus gab es für Habeck unter den Industriellen des BDI bei der Klimakonferenz, als Bundeswirtschaftsminister Habeck zur Systemkritik ansetzte. Habeck sagte, wenn wir mit wachem Auge sehen würden, was um uns passierte, müssten wir zugeben, dass bestimmte Regeln, die wir uns gegeben hatten, nicht zu den Herausforderungen passten. Das Wettbewerbsrecht in der EU passte nicht zur neuen Zeit, der Föderalismus passte nicht.

Passten eigentlich die finanzpolitischen Regeln, die wir uns gegeben hatten, zu den Anforderungen, die wir in dieser Zeit bestehen müssten?

Kommentar: Es bewegt sich dank massiver Stresszustände etwas in der Politik im Hinblick auf die Grundlagen unserer Ökonomie. Es sind Ansätze des Pragmatismus erkennbar, der diesem Land immer schon gut getan hat. Worte helfen jedoch nicht, es sind die Taten!

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

USA: Schwächeres Verbrauchervertrauen – gute Stimmung in Richmond

Der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart des Conference Board sank per Berichtsmonat September von zuvor 108,7 (revidiert von 106,1) auf 103,0 Punkte (Prognose 105,5). Der Absatz neuer Wohnimmobilien stellte sich per August in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung (annualisiert) auf 675.000 Objekte (Prognose 700.000) nach zuvor 739.000 (revidiert von 714.000).