Genf/Kinshasa/London (Reuters) - Das Risiko einer Ebola-Epidemie in der Demokratischen Republik Kongo ist nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erheblich gestiegen.
Die WHO erhöhte die Gefahrenstufe am Freitag auf "sehr hoch", nachdem in der Millionenstadt Mbandaka im Nordwesten des Landes ein Krankheitsfall bestätigt wurde. Das Gesundheitsministerium des Landes bestätigte außerdem elf neue Infektionen in der nahe gelegenen Kleinstadt Bikoro. Die meisten Verdachtsfälle waren bisher auf dem Land gemeldet worden. "Ebola ist in der Stadt ein völlig anderes Phänomen als auf dem Land, weil Menschen in städtischen Gebieten viel mehr Kontakt haben", sagte Peter Salama von der Notfalleinheit der WHO. Anders als auf dem Land könne sich die Krankheit in Städten rasant ausbreiten.
Experten sind besorgt, dass die Krankheit sich bis in die Hauptstadt Kinshasa flussabwärts von Mbandaka ausbreiten könnte. In der Hauptstadt am Kongo-Fluss leben 10 Millionen Menschen, teilweise in überfüllten Armenvierteln ohne richtige Abwassersysteme. Im vergangenen Monat wurde der hoch ansteckende Virus nach Angaben der WHO bei 45 Patienten vermutet, in 14 Fällen sei die Infektion bestätigt worden. 25 Patienten seien bislang gestorben. Es gebe keine neuen Infektionen beim Gesundheitspersonal.
Die WHO hat 4300 Dosen eines experimentellen Impfstoffs nach Kinshasa geschickt und will weitere 7500 Dosen verschicken. Der Impfstoff wurde noch nicht offiziell zugelassen, gilt aber als hocheffektiv und darf nach Absprache internationaler Gesundheitsbehörden eingesetzt werden. Es sollen alle Personen geimpft werden, die möglicherweise mit einem Ebola-Patienten in Kontakt gekommen sind. Sprachbarrieren und die hohen Temperaturen könnten die Verabreichung der kühl zu lagernden Impfdosen jedoch erschweren, vermutet WHO-Experte Salama. Im Fall einer Epidemie stehen nach Angaben des Herstellers Merck (DE:MRCG) MRK.N weitere 300.000 Dosen des Impfstoffs zur Verfügung.
Dies ist der neunte bekannte Ausbruch der Krankheit im Kongo, seit sie in den 1970er Jahren zum ersten Mal nachgewiesen wurde. Auch das Risiko für die Nachbarländer wurde von der WHO auf "hoch" heraufgestuft, international sei das Risiko aber noch "niedrig". Der bisher größte Ebola-Ausbruch 2014 bis 2016 kostete rund 11.300 Menschen in Guinea, Liberia und Sierra Leone das Leben.