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Anziehen und fernhalten - EU-Balanceakt auf Westbalkan

Veröffentlicht am 18.05.2018, 10:14
Aktualisiert 18.05.2018, 10:14
© Reuters. Family photo at the EU-Western Balkans Summit in Sofia

© Reuters. Family photo at the EU-Western Balkans Summit in Sofia

- von Andreas Rinke

Sofia (Reuters) - "Das Familienfoto ist das Wichtigste." Schon vor dem informellen EU-Gipfel in Sofia war sich ein Diplomat über den Ausgang des Treffens der 28 EU-Regierungen mit den sechs Westbalkan-Staaten sicher.

Er meinte dies nicht abwertend. Denn die hohe protokollarische Geste sei ein wichtiges Signal an Serbien, Montenegro, Albanien, Mazedonien, Kosovo und Bosnien-Herzegowina: Seht her, wir meinen es mit unserer versprochenen EU-Beitrittsperspektive sehr ernst. Schließlich gab es ein so hochkarätiges Zusammentreffen zuletzt 2003, während andere Staaten wie China regelmäßig Treffen mit ost- und südosteuropäischen Staaten abhalten.

Untermauert wurde das Angebot in Sofia durch Versuche der EU, die Zusammenarbeit der Westbalkan-Staaten stärker zu fördern. Dazu gehört auch Hilfe für den Bau grenzüberschreitender Autobahnen wie zwischen Kroatien, Montenegro und Albanien - wobei die EU auch chinesischen Angeboten nacheifert.

Kanzlerin Angela Merkel sagte nach dem Gipfels in Sofia, zwar sei keine Entscheidung über Beitrittsverhandlungen gefallen. "Aber klar ist, dass alle diese Länder eine klare Beitrittsperspektive zur EU haben."

Allerdings ist die Stimmung trotz des sonnigen Wetters in Sofia keineswegs ungetrübt. Denn die EU versucht notgedrungen einen Balanceakt: Einerseits will man die sechs Länder so an sich binden, dass sie ihre Reformbemühungen in der Wirtschaft und beim Rechtsstaat sowie den Kampf gegen die Korruption fortsetzen. Vor allem die EU-Kommission argumentiert, dass ein schnellerer Annäherungskurs die Reformen unterstützt und die Verlockungen begrenzt, von Russland, China, die Türkei oder Saudi-Arabien beeinflusst zu werden.

Andererseits gibt es eine Reihe von EU-Staaten, die kein Interesse an einer schnellen Aufnahme haben und gerne eine zumindest zeitliche Distanz pflegen würden. Das gilt nach Angaben von EU-Diplomaten für Frankreich und eingeschränkt auch für die Niederlande. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron macht kein Hehl daraus, dass er in Europa lieber in einem kleineren Format, möglichst in der Euro-Zone, zusammenarbeiten würde. "Vertiefte Integration statt Erweiterung" lautet die französische Philosophie seit Jahrzehnten.

In den Niederlanden, aber auch im konservativen Flügel der Union in Deutschland gibt es ebenfalls Einwände. Die Aufnahme Bulgariens und Rumäniens gilt bei manchen Innenpolitikern als verfrüht und abschreckendes Beispiel. Sie verweisen darauf, dass etwa in der Justiz der EU-Standard noch nicht erreicht sei. Vor allem Deutschland hat deshalb verhindert, dass beide Länder in den Schengenraum aufgenommen werden - sehr zum Ärger der EU-Kommission, die beiden Ländern bescheinigt, die nötigen Reformen gemacht zu haben.

Auch innerhalb der Bundesregierung ist umstritten, wie man mit Bulgarien und Rumänien umgehen sollte. Eine Aufnahme in den Schengenraum würde mehr und nicht weniger Sicherheit bringen, heißt es bei EU-Diplomaten. Widerstand gibt es bei CDU und CSU auch gegen einen Aufnahmeantrag Bulgariens für den Euro, obwohl das Land nach eigener Einschätzung die Kriterien für den Aufnahmeprozess erfüllt.

Das färbt auf die Einschätzung der Westbalkan-Länder ab. Dabei hat sich die Strategie der EU geändert. Während bei Bulgarien und Rumänien vereinbart worden war, dass die EU nach dem Beitritt weitere Reformen überwacht, sollen die Balkan-Staaten vorgeschriebene Schritte vor einer Aufnahme unternehmen.

Merkel muss eine gespaltene Position einnehmen: Sie muss auf den innerparteilichen Widerstand und die Unruhe gerade in der CSU vor der bayerischen Landtagswahl Rücksicht nehmen. Gleichzeitig betont sie selbst die Bedeutung der Region für die Sicherheit ganz Europas. Aber einer erweiterungsskeptischen deutschen Öffentlichkeit auch nur die Aussicht auf eine Aufnahme etwa Serbiens oder Albaniens schmackhaft zu machen, gilt in der Union als sehr schwierig.

IST DIE EU REIF FÜR EINE AUFNAHME?

Dazu kommen EU-interne Probleme. So streitet das EU-Mitglied Griechenland mit Mazedonien darüber, wie die frühere jugoslawische Teilrepublik heißen darf. Hintergrund sind Sorgen griechischer Nationalisten, dass das kleinere Mazedonien Anspruch auf die gleichnamige Region Griechenlands erheben könnte - was die Regierung in Skopje als Unsinn zurückweist. Aber solange die Regierung in Athen Einspruch erhebt, können keine Beitrittsverhandlungen beginnen.

Dazu kommt der Konflikt zwischen Serbien und seiner ehemaligen Provinz Kosovo. Zwar setzt sich gerade Merkel in ihren engen Kontakten mit dem serbischen Präsidenten Aleksander Vucic immer wieder dafür ein, den Weg für eine EU-Annäherung beider Staaten freizumachen. Aber der Status Kosovos ist auch innerhalb der EU umstritten. So fehlte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy beim wichtigen Familienfoto. Er war schon abgereist, weil er nicht mit dem Vertreter Kosovos auf einem Foto erscheinen wollte. Denn das EU-Mitglied Spanien hat aus Sorge, Separatisten im eigenen Land zu unterstützen, den Kosovo nie als Staat anerkannt. Es fehlt eine einheitliche EU-Linie.

© Reuters. Family photo at the EU-Western Balkans Summit in Sofia

Zu guter letzt plant der bulgarische Gastgeber Bojko Borissow schon weiter: Nach dem Ende der halbjährigen EU-Präsidentschaft will er weiter an der Westbalkan-Agenda arbeiten - dann aber als Gastgeber für das nächste Treffen mit China. Griechenland, das wegen der chinesischen Investitionen etwa in den Hafen von Piräus als chinanah gilt, hat schon Interesse bekundet, dazuzustoßen - EU-Westbalkan-Gipfel hin oder her.

(Redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Redaktionsleitung unter den Telefonnummern +49 69 7565 1236 oder +49 30 2888 5168.)

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