- von Andreas Rinke
Berlin (Reuters) - CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat am Mittwoch ihr Amt als neue Verteidigungsministerin angetreten.
Nach der Amtsübergabe im Berliner Bendlerblock sagte sie, die Bundeswehr habe "höchste politische Priorität" verdient. Kramp-Karrenbauer hatte in den vergangenen Monaten mehrfach höhere Verteidigungsausgaben gefordert. Ihr überraschender Einzug ins Kabinett als Nachfolgerin der künftigen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen stieß auf ein geteiltes Echo: Während der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Henning Otte, von "Rückenwind für die Truppe" sprach, nannten Oppositionspolitiker ihren Wechsel an die Bundeswehr-Spitze eine "Zumutung".
Die CDU-Führungsriege war von von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Kramp-Karrenbauer am Dienstagabend in einer Telefonschalte darüber informiert worden, dass die Parteichefin selbst den frei werdenden Posten übernehmen wollte. Ihre Vorgängerin von der Leyen war am Dienstag zur neuen EU-Kommissionspräsidentin gewählt worden. Am Mittwoch wurde von der Leyen in Anwesenheit von Merkel im Schloss Bellevue verabschiedet und zugleich erhielt Kramp-Karrenbauer ihre Ernennungsurkunde. Sie soll in einer Sondersitzung des Bundestages am 24. Juli vereidigt werden.
Die Sondersitzung wird nötig, weil Kramp-Karrenbauer bisher keine Ministerin und deshalb noch nicht vereidigt worden war. Im Falle einer Ernennung etwa von Gesundheitsminister Jens Spahn zum Verteidigungsminister, über die in Medien spekuliert worden war, hätte deshalb eine Vereidigung nach der Sommerpause gereicht.
Zwar betonte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums, dass bereits mit der Übergabe der Ernennungsurkunde die Befehlsgewalt über die Streitkräfte von einer Person auf die andere übergehe. Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums verwies aber darauf, dass das Grundgesetz eben eine zusätzliche Vereidigung vorsehe. Merkel hatte bereits am Dienstag eine schnelle Nachfolgeregelung mit dem Blick auf das besondere Amt an der Spitze des Verteidigungsministeriums angekündigt.
Kramp-Karrenbauer hatte früher einen Wechsel in Merkels Kabinett mit der Begründung abgelehnt, dass sie genug Arbeit damit habe, die CDU bis zum Ende der regulären Legislaturperiode 2021 zu reformieren. Sie war wegen sinkender Umfragewerte aber mehrfach gedrängt worden, doch einen Ministerposten zu übernehmen.
LOB AUS DER UNION - KRITIK VON DER OPPOSITION
Ihr Wechsel stieß auf gemischte Reaktionen. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (beide CDU) begrüßten die Personalie. Das Amt sei eine Kernposition im Kabinett. "Da muss eine CDU-Parteivorsitzende auch zugreifen", sagte Brinkhaus im ZDF. "Wenn man sich schwierige Aufgaben nicht zutraut, dann ist man falsch in der Politik. Sie traut sich das zu." In der Union wurde darauf verwiesen, dass Kramp-Karrenbauer als Parteichefin noch mehr Druck machen könne, die Haushaltsmittel für die Bundeswehr weiter zu erhöhen.
Der FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff sprach dagegen von einer "Zumutung" für die Bundeswehr. "Die Entscheidung für Frau Kramp-Karrenbauer ist eine gefährliche Fehlentscheidung", sagte der Linken-Obmann im Verteidigungsausschuss, Alexander Neu. Die CDU-Chefin hatte sich in den vergangenen Monaten mehrfach dafür eingesetzt, dass auch Deutschland das selbstgesteckte Ziel aller Nato-Länder erreicht, bis zu zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Sicherheit auszugeben. Vor allem US-Präsident Donald Trump stößt sich an den vergleichsweise geringeren Ausgaben. Er wirft Deutschland vor, die Nato und damit vor allem die USA auszunutzen.
Der Koalitionspartner SPD hielt sich zu Kramp-Karrenbauers Wechsel ins Kabinett zunächst zurück. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, der den Bundespräsidenten und den Bundesratspräsidenten bei der Ernennungszeremonie vertrat, wünschte ihr lediglich eine "glückliche Hand." SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs sagte dem "Spiegel" mit Blick auf ihre früheren Aussagen, nicht ins Kabinett wechseln zu wollen: "Ein Wortbruch ist kein guter Start für eine Verteidigungsministerin." Kramp-Karrenbauer selbst hatte am Dienstagabend SPD und Grüne erneut dafür kritisiert, dass sie im Europaparlament gegen von der Leyen gestimmt hatten. Eine Regierungssprecherin betonte jedoch am Mittwoch, dass der Streit in Straßburg keine Auswirkungen auf die Arbeit der Bundesregierung habe. Die Kabinettssitzung am Mittwoch habe gezeigt, "dass die Kanzlerin und gesamte Kabinett vertrauensvoll und gut zusammenarbeiten", sagte sie.