Berlin (Reuters) - SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sieht im Streit über die Kandidatur von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als Präsidentin der EU-Kommission keinen Grund, worüber die Regierungskoalition mit der Union zerbrechen könnte.
"Bei der Frage nach der EU-Spitze haben wir gesagt, was wir für richtig und falsch halten", sagte Klingbeil in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit dem Nachrichtenportal Zeit-Online. "Aber das hat nicht die Tragweite, deswegen eine Regierung zu beenden." Von der Leyen sei niemals europäische Spitzenkandidatin gewesen. Es liege an der CDU-Politikerin, das Europaparlament zu überzeugen.
Klingbeil fügte hinzu, es gebe "größere Herausforderungen" in der Koalition. Er nannte den Klimaschutz, die Grundrente und den geplanten Abbau des Solidaritätszuschlages. "Das sind alles Sachen, die dazu führen, dass wir in dieser Koalition zu einem Herbst der Entscheidungen kommen werden."
Die EU-Parlamentarier wollen am Dienstagabend über den Kommissionsvorsitz abstimmen. Die 16 SPD-Europaabgeordneten haben angekündigt, dass gegen von der Leyen zu stimmen. Die deutsche SPD-Gruppe hatte am Donnerstag mit einem kritischen Papier zu von der Leyen für Wirbel gesorgt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Koalition wegen des Streits in einer "nicht einfachen Situation".
Die SPD-Spitze ging auf Distanz zu dem Kritik-Papier. Die drei kommissarischen SPD-Vorsitzenden hätten "weder eine Zusammenstellung beauftragt noch würden sie sie jemals beauftragen", sagte SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der Chef der SPD-Europaabgeordneten, Jens Geier, sagte noch am Donnerstag, das Papier sei "missverständlich als Versuch der öffentlichen persönlichen Beschädigung verstanden" worden. Das sei nicht beabsichtigt gewesen.