- von Guy Faulconbridge und William James
London/Berlin (Reuters) - In Großbritannien setzt die Labour-Opposition auf eine Verschiebung des für den 29. März geplanten Brexits, um einen ungeregelten EU-Austritt zu verhindern.
Dafür will sie zunächst Premierministerin Theresa May eine Frist bis Ende Februar für ein erfolgreiches Brexit-Votum im Parlament setzen. Sollte dies May nicht gelingen, solle über eine Verschiebung des Brexits bis Ende des Jahres abgestimmt werden, erklärten Labour-Politiker am Mittwoch in London. May wies den Vorstoß umgehend zurück. Eine Verschiebung ändere nichts daran, dass die Abgeordneten sich zwischen einem geordneten und ungeordneten Brexit oder einem Verbleib in der EU entscheiden müssten, sagte sie im Unterhaus. Die Bundesregierung erklärte, zu einer möglichen Verschiebung des Brexit-Datums werde erst Stellung genommen, wenn Großbritannien diese wolle.
Ein Verlegung des Brexit bringe nichts, sagte May. "Die anstehende Entscheidung bleibt unverändert: Kein Austritts-Vertrag, ein Austritts-Vertrag oder kein Brexit." Um die Hängepartie im Streit über die Modalitäten der Trennung zu beenden, will das Parlament am Dienstag eine Reihe von Zusätzen zum Brexit-Vertrag beraten, der vergangene Woche mit einer Zweidrittel-Mehrheit abgelehnt worden war.
Am Mittwoch zeichneten sich immer größere Erfolgschancen für einen von der Labour-Abgeordneten Yvette Cooper eingebrachten Antrag ab, der auch von zahlreichen Parlamentariern der Konservativen unterstützt wird. Die Vorlage Coopers sei vernünftig und werde höchstwahrscheinlich die Unterstützung der Partei erhalten, sagte Labour-Schatten-Finanzminister John McDonnell der BBC. Der Antrag setzt May eine Frist bis zum 26. Februar, ein Brexit-Abkommen durch das Parlament zu bringen. Sollte sie scheitern, würde das Unterhaus über eine Verschiebung des Brexits abstimmen. Der verbundene Antrag dazu sieht vor, dass die Regierung dann bei der EU eine Verlängerung des Austrittszeitraums bis zum 31. Dezember 2019 beantragen muss. Damit würde ein ungeordneter Brexit am 29. März verhindert.
KEINE FORTSCHRITTE IM STREIT ÜBER BACKSTOP
Keine Bewegung zeichnete sich im zentralen Streitpunkt ab, wie nach dem Brexit eine harte Grenze zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland verhindert werden kann. EU-Kommissionssprecher Margaritis Schinas bekräftigte in Brüssel, es werde alles getan, um eine EU-Außengrenze mit Waren- und Personenkontrollen in Irland zu vermeiden. Allerdings muss Nordirland aus Sicht der EU dann Teil des Binnenmarktes bleiben.
Dieser Zustand soll auch dann weiter gelten, sollten es die EU und Großbritannien in einer Übergangsphase nicht schaffen, sich auf ein Handelsabkommen zu einigen. Dies wollen eine Anzahl konservativer Abgeordneter und die nordirische Partei DUP, die die Minderheitsregierung von May bislang stützt, nicht akzeptieren. May hatte am Montag angekündigt, bei Nachverhandlungen mit der EU Zugeständnisse beim künftigen Grenzregime zu erreichen. Bislang stellt sich die EU-Kommission jedoch auf den Standpunkt, die im Brexit-Vertrag als sogenannter Backstop festgeschriebenen Regelungen zur irischen Grenze seien nicht verhandelbar.
Über das weitere Vorgehen beim Brexit will sich Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Berlin mit EU-Chefunterhändler Michel Barnier beraten. Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos warnte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici, die Gefahr eines ungeregelten Brexits sei gestiegen. Er warf der Regierung in London Tatenlosigkeit vor: "Die fragen nicht nach, die stellen keine konkreten Forderungen, nicht mal nach einer Verschiebung des Artikel 50, bei denen herrscht Schweigen."