Davos (Reuters) - Angesichts eines drohenden Abschwungs der Weltwirtschaft fordert Deutschland verstärkte Zusammenarbeit statt Protektionismus.
Sie suche nach Verbündeten für den Multilateralismus, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch vor der versammelten Finanzelite in Davos: "Alles andere würde ins Elend führen." Die EU solle weiter Freihandelsverträge abschließen. Es sei wichtig, weiter an der "globalen Architektur" zu arbeiten: "Es gibt viele, die willens sind, die multilaterale Ordnung zu stärken." Japan, das derzeit die Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer anführt, gehört dazu: "Japan ist entschlossen, die freie, offene und regelbasierte internationale Ordnung zu bewahren und weiterzuentwickeln", kündigte Ministerpräsident Shinzo Abe auf dem Weltwirtschaftsforum in der Schweiz an.
Ohne die USA zu nennen, forderte Abe dazu auf, das Vertrauen in die internationale Handelsordnung wiederherzustellen. Der Welthandelsorganisation (WTO) kommt dabei eine wichtige Rolle zu, da sie als Hüterin des Freihandels gilt. Doch US-Präsident Donald Trump, der dieses Jahr nicht in Davos dabei ist, sieht sein Land von der WTO schlecht behandelt. Er hat sogar mit Austritt gedroht. Die USA und China haben sich gegenseitig mit Strafzöllen überzogen und suchen nach einer gemeinsamen Lösung für den Konflikt. Der Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, Kevin Hassett, setzt auf eine Einigung bis März: "Ja, ich bin zuversichtlich, dass es so kommen kann", sagte er dem Sender CNN. Falls die Gespräche jedoch scheitern und der Konflikt eskaliert, sieht Japans Notenbankchef Haruhiko Kuroda "ernste Gefahren" auf die Weltwirtschaft zukommen.
"LÄNDER SCHLECHTER GERÜSTET"
Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt bereits vor einem deutlichen Abschwung: "Die Verlangsamung scheint früher zu kommen als erwartet", sagte IWF-Vizechef David Lipton zu Reuters TV. Noch laufe die Konjunktur gut. Es gebe aber zahlreiche Risiken, von den Handelsstreitigkeiten bis hin zu schlechteren Finanzierungsbedingungen. "Wenn ein Abschwung kommt, dann sind die meisten Länder schlechter gerüstet als zehn Jahre zuvor." Notenbanken und Staaten hätten zudem weniger Spielraum.
Der IWF hatte angesichts zahlreicher Risiken wie dem Brexit, den von den USA angefachten Handelsstreitigkeiten und den jüngsten Börsenturbulenzen die Vorhersage für das Wachstum der Weltwirtschaft am Montag nach unten gesetzt.
Merkel wies in diesem Zusammenhang daraufhin, dass Störungen des multilateralen Systems zu sinkenden Prognosen für das globale Wachstum führten. Sie werde sich deshalb "sehr stark" dafür einsetzen, dass die multilaterale Ordnung künftig nicht an den Grenzen der EU ende. Zugleich forderte sie wirtschaftliche Stärke der Europäer. Die EU sehe sich bei etlichen Debatten durchaus als "dritten Weg" neben den USA und China. Dies gelte etwa für den Umgang mit Daten. In den USA dominierten vor allem private Unternehmen im IT-Sektor, in China erhebe der Staat Anspruch auch auf persönliche Daten. Die EU habe mit der Datenschutzgrundverordnung aber ein Regelwerk vorgelegt, das eben auch den Schutz persönliche Daten sicherstellen solle.