Investing.com - Gold-Bullen aufgepasst. Einer der weltweit größten Edelmetallhändler sieht den Goldpreis kurzfristig zwar noch etwas höher gehen, aber das gelbe Metall bewegt sich auf einem schmalen Grat und ein Top könne nicht ausgeschlossen werden. Grund dafür sei das spekulative Interesse auf Gold, welches an der einen oder anderen Stelle den Bogen schon überspannt haben soll, wie Heraeus in einer am Montag herausgegebenen Studie schreibt.
"Das letzte Mal, als das Open Interest und die spekulative Longposition auf Gold-Futures Rekordhochs erreichte, stürzte der Goldpreis in den nächsten fünf Monaten um 18% ab", so die Edelmetallexperten. "Die Trends können noch einige Zeit anhalten, solange die (Gold)preise und die spekulative Netto-Longposition noch steigen, aber ein derart hohes Open Interest und ein erhebliches Long-Engagement der Händler, ist ein Zeichen dafür, dass die Hausse ein Extrem erreicht hat und ein Top beim Goldpreis nahe ist."
Auch ein plötzlicher Stimmungswechsel bei den Anlegern könnte den Goldpreis kurzfristig in Bedrängnis bringen, wie die Analysten herausstellten. "Eine umfangreichere Korrektur ist möglich, bevor der Goldpreis den Versuch unternimmt, neue Hochs zu erreichen", hieß es im Heraeus-Bericht.
Kurzfristig sehen die Edelmetallexperten aber noch etwas Potenzial auf der Oberseite. Das liegt vor allem an der konjunkturellen Unsicherheit, die den Goldpreis noch etwas nach oben treiben könnte.
"Wenn das Wirtschaftswachstum weiterhin schwach bleibt, ist eine weitere Lockerung der Geldpolitik zu befürchten, und die Anleiherenditen könnten weiter sinken. Dies würde die Realzinsen in den negativen Bereich drücken, was für Gold positiv wäre", erklärten die Analysten.
Im seinem aktuellen Weltwirtschaftsausblick, den er am Montag beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos veröffentlichte, rechnet der IWF mit einem globalen Wachstum von 3,3 und 3,4 Prozent in den Jahren 2020 und 2021. 2018 waren es allerdings noch 3,6 Prozent, 2019 dagegen dürfte es lediglich noch zu 2,9 Prozent gereicht haben.
Gestern hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos seine Prognose für das globale Bruttoinlandsprodukt veröffentlicht. Die Institution rechnet mit einem globalen Wachstum von 3,3 und 3,4 Prozent in den Jahren 2020 und 2021. Das zurückliegende Jahr wird auf 2,9 Prozent (vorher 3,0 Prozent) geschätzt.
"Es gibt zwar Anzeichen für eine Stabilisierung, aber die Perspektiven für die Weltwirtschaft bleiben weiterhin verhalten und es gibt keine klaren Hinweise für einen Wendepunkt", IWF-Ökonomin Gita Gopinath.
Pessimistisch zu den Aussichten von Gold äußerte sich auch erst kürzlich das Londoner Forschungsunternehmen Capital Economics. Die Rohstoffexperten sehen den Goldpreis zum Jahresende auf 1.400 US-Dollar. Gründe dafür seien die sich aufhellenden Konjunkturaussichten und der sich fortsetzende Rückgang der physischen Nachfrage der wichtigsten Gold-Konsumenten Indien und China sowie ein moderat stärkerer US-Dollar.
Auch Investing.com Analyst Robert Zach blickt skeptisch auf die kurzfristigen Perspektiven für das gelbe Metall: "Ich kann es nur immer wieder betonen: der Volumen-Anstieg am 8. Januar 2020, kombiniert mit fallenden Kursen und dem leichten, aber stetigen Rückgang des Open Interest, spricht kurzfristig für tiefere Goldpreise", erklärte er. "Abgerundet wird das angeschlagene Chartbild durch die bestehenden Verkaufssignale seitens der Indikatoren MACD (negatives Schnittmuster im Daily) und RSI (Bruch der Trendlinie im Daily)".
Einzig ein rascher Wiederanstieg über die in der Nacht markierten Hochs bei 1.568 US-Dollar könnte das fragile Chartbild wieder verbessern, glaubt Robert Zach. Danach bestünde Aufwärtspotenzial auf den Schlüsselwiderstand bei 1.585 US-Dollar, der als Übergangspunkt auf das Mehrjahreshoch bei 1.611,52 US-Dollar gilt.
"Auf der Unterseite gilt es den Unterstützungsbereich zwischen 1.555 bis 1.548 US-Dollar im Auge zu behalten. Geht der Goldpreis unter diesen Haltebereich, drohen Preisabschläge auf 1.536/33 und dann 1.522 US-Dollar", so Robert Zach.
Zur Stunde notiert der Februar-Terminkontrakt auf Gold 13,35 US-Dollar im Minus auf 1.546 US-Dollar. Heute Nacht erreichte das Edelmetall mit 1.568 US-Dollar ein Zwischenhoch in der seit dem 8. Januar laufenden Korrektur.
Der Spot-Goldpreis verbilligt sich um 0,81 Prozent auf 1.548 Dollar.
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