Berlin/Mailand (Reuters) - Die vor der italienischen Küste von einem Holzboot geretteten 450 Flüchtlinge werden auf mehrere europäische Länder verteilt.
Deutschland und Malta erklärten sich am Sonntag bereit, jeweils 50 von ihnen in ihre Länder zu lassen. Der Regierung in Rom zufolge zufolge nehmen auch Frankreich, Portual und Spanien jeweils 50 Personen auf. Tschechien verweigerte dagegen die Bitte um Aufnahme von Geretteten. Regierungschef Giuseppe Conte sprach von einem Erfolg. Seine Regierung hatte sich zunächst geweigert, die Menschen von Bord zu lassen.
Eine Sprecherin der Bundesregierung erklärte: "Deutschland und Italien sind übereingekommen, dass Deutschland im Blick auf die laufenden Gespräche über eine intensivere bilaterale Zusammenarbeit im Asylbereich, in diesem Fall bereit ist, 50 Menschen aufzunehmen". Ein Schiff der EU-Grenzschutzagentur Frontex und ein zweites der italienischen Steuerfahndung hatten die Migranten nahe der Insel Linosa von einem Holzboot geholt.
Italien weigert sich, Schiffe mit Flüchtlingen in seine Häfen zu lassen. "Italien ist nicht mehr dazu bereit, ein Problem alleine zu lösen, dass alle europäischen Länder betrifft", verlautete aus dem Umfeld Contes. In zwei ähnlichen Fällen wurden die Menschen nach Spanien und Malta gebracht.
"Das ist das erste wichtige Ergebnis nach einem Tag voller Telefonate und Korrespondenzen, die ich mit allen 27 europäischen Staats- und Regierungschefs geführt habe", erklärte Conte am Samstag auf Facebook (NASDAQ:FB). Italien werde ebenfalls einige der Geretteten aufnehmen, wenn sich auch noch andere Länder dazu bereiterklärten. Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega hatte es abgelehnt, die Menschen in Italien aufzunehmen. Dem TV-Sender RaiNews24 sagte er später, dass einige der Flüchtlinge in Sizilien von Bord gehen dürften. Wann die anderen Geretteten das Schiff verlassen könnten oder wann sie von den jeweiligen Ländern abgeholt würden, ließ Salvini zunächst offen.
OFFENBAR SCHWUNGHAFTER HANDEL MIT REISEDOKUMENTEN
Der Streit um Aufnahme und Zurückweisung von Flüchtlingen hatte auch die Bundesregierung in eine Krise gestürzt. Innenminister Horst Seehofer (CSU) hatte einen nationalen Alleingang in Betracht gezogen, während Kanzlerin Angela Merkel auf eine europäische Abstimmung pocht. Nach einem Kompromiss bemüht sich Seehofer jetzt um eine Abstimmung besonders mit Österreich und Italien. Für Kontrollen soll jetzt auch die bayerische Grenzpolizei die Bundespolizei unterstützen. Das Bundesinnenministerium begründete die Notwendigkeit mit der anhaltenden Einreise von Menschen, die schon in anderen Ländern registriert oder bereits einen Asylantrag gestellt hätten.
Dabei haben die Behörden offenbar nach wie vor Probleme, die Identität der Menschen festzustellen. So verkaufen einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge in Deutschland lebende Migranten ihre Papiere an Landsleute im Ausland. Diese könnten dann damit nach Deutschland einreisen. Allein an griechischen Flughäfen seien 2017 fast 1700 solcher Ausweis-Missbräuche aufgefallen, berichtet das Blatt unter Berufung auf eine Bund-Länder Arbeitsgruppe mit dem Namen "Falschidentitäten."
Im Fall des nach Tunesien abgeschobenen Sami A., der einst Leibwächter von Osama bin Laden gewesen sein soll, geht das Tauziehen um eine mögliche Rückkehr nach Deutschland weiter. Sami A. war ausgeflogen worden, obwohl kurz zuvor ein Gericht eine Abschiebung untersagt hatte. Sein Rechtsanwalt Seif Eddine Makhlouf will nun eine Rückkehr durchsetzen: "Das ist ein unglaublicher Skandal, der in Deutschland passiert ist, schließlich sind keine der Vorwürfe jemals bewiesen worden." Er wolle zunächst die Freilassung aus tunesischer Haft durchsetzen und von Deutschland Reisepapiere verlangen, sagte er der "Bild"-Zeitung.
Das tunesische Justizministerium beharrt jedoch auf einer Zuständigkeit Tunesiens: "Er hat nur eine tunesische Staatsangehörigkeit, also sind alleine tunesische Behörden zuständig", sagte demnach Sofiane Sliti, Sprecher der Anti-Terror Behörde. Ihm werde vorgeworfen, Terroristen in Afghanistan trainiert und extremistische Gruppen in Deutschland unterstützt zu haben.