- von Holger Hansen
Berlin (Reuters) - Das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vorgelegte Rentenpaket wird vor allem von den Beitragszahlern finanziert.
Dies geht aus seinem am Freitag vorgelegten, 44 Seiten umfassenden Gesetzentwurf hervor, dem nun zunächst die anderen Ministerien zustimmen müssen. Die Gesamtkosten werden darin für die Rentenversicherung bis zum Jahr 2025 auf 31,7 Milliarden Euro beziffert. Daran beteiligt sich der Bund nach derzeitigem Stand mit insgesamt 10,6 Milliarden Euro. Teuerster Posten ist die von der CSU durchgesetzte Ausweitung der Rente für etwa 2,8 Millionen Mütter. Erstmals überhaupt will der Bund ein bestimmtes Rentenniveau und eine Obergrenze beim Beitragssatz garantieren. Das hatte die SPD durchgesetzt. Die Neuregelungen sollen zum 1. Januar 2019 in Kraft treten.
LASTENTEILUNG: Der gesetzlichen Rentenversicherung beschert das Paket laut Gesetzentwurf Mehrausgaben und Mindereinnahmen bis 2025 in Höhe von 31,7 Milliarden Euro. Daran beteiligt sich der Bund nach den Ministeriumsberechnungen mit einem Drittel in Höhe von 10,6 Milliarden Euro. Den Großteil schultern Beitragszahler - und die Rentner. Zur Finanzierung verzichtet das Arbeitsministerium auf eine nach geltendem Recht mögliche Beitragssatzsenkung 2019 von 18,6 auf 18,3 Prozent. Arbeitnehmer und Arbeitgeber büßen dadurch eine mögliche Entlastung um 4,5 Milliarden Euro ein. Das bekommen auch die Rentner zu spüren: Eine Beitragssenkung hätte dafür gesorgt, dass im Jahr darauf ihre Rentenanhebung höher ausfiele.
MÜTTERRENTE: Mütter oder Väter mit mindestens drei vor 1992 geborenen Kindern erhalten für jedes Kind einen weiteren sogenannten Rentenpunkt. Dieser ist derzeit monatlich im Westen 32,03 Euro und im Osten 30,69 Euro wert. Davon würden laut Rentenversicherung derzeit rund 2,8 Millionen Rentnerinnen profitieren: Wenn sie in Westdeutschland leben, erhielten sie bei drei Kindern auf einen Schlag rund 96 Euro mehr im Monat.
Allerdings gibt es insgesamt 9,7 Millionen Rentenbezieher mit vor 1992 geborenen Kindern. Der Großteil von ihnen hätte nichts von der Reform. Daher schlägt Arbeitsminister Heil vor, bei den Beratungen im Bundestag darüber zu sprechen, ob statt der vorgeschlagenen Besserstellung der Mütter mit mindestens drei Kindern nicht alle profitieren sollten, indem für alle vor 1992 geborenen Kinder ein halber Rentenpunkt obendrauf käme. Die Kosten wären laut Gesetzentwurf "in etwa ebenso hoch" wie die nun veranschlagten 3,7 Milliarden Euro jährlich.
ERWERBSMINDERUNGSRENTE: Krankheitsbedingte Frührentner werden bei der Berechnung ihrer Rente so gestellt, als ob sie bis zum regulären Renteneintrittsalter gearbeitet hätten. Dieses liegt 2019 bei 65 Jahren und acht Monaten. Diese "Zurechnungszeit" wird dann bis 2031 auf 67 Jahre angehoben. Die Kosten setzen 2019 mit 100 Millionen Euro ein und steigen bis zum Jahr 2025 auf jährlich rund eine Milliarde Euro.
GERINGVERDIENER: Rund drei Millionen Geringverdiener werden lautHeil von einer Entlastung der Sozialabgaben profitieren. Erst ab einem Monatseinkommen von 1300 Euro sollen die Arbeitnehmerbeiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung in voller Höhe fällig sein. Bisher liegt diese Grenze bei 850 Euro. Trotz geringerer Beitragszahlung soll sich der Rentenanspruch nicht verringern. Die Mindereinnahmen für die Rentenversicherung werden mit jährlich 200 Millionen Euro veranschlagt.
HALTELINIE: Erstmals will der Bund eine Garantie für eine bestimmte Höhe des Rentenniveaus und des Beitragssatzes geben - und dafür notfalls auch mit Geld aus dem Bundeshaushalt einstehen. Diese "doppelte Haltelinie" gilt aber nur bis zum Jahr 2025. Eine "Niveausicherungsklausel" stellt sicher, dass die Rentenerhöhungen bis dahin in jedem Jahr ausreichen, um ein Rentenniveau von mindestens 48 Prozent - bezogen auf einen Durchschnittslohn - zu erreichen. Laut Entwurf greift dieser Mechanismus erstmals im Jahr 2022: Nach derzeitigen Prognosen könnte das Rentenniveau dann ohne Gegensteuern auf 47,9 Prozent fallen. 2025 läge das Rentenniveau bei 46,9 Prozent.
Für den Beitragssatz soll bis 2025 eine Obergrenze von 20 Prozent gelten. Dafür zahlt der Bund von 2022 bis 2025 jährlich 500 Millionen zusätzlich an die Rentenkasse. Das Geld darf erst eingesetzt werden, wenn der Beitragssatz bei 20 Prozent stabilisiert werden muss. Eine "Beitragsgarantie" stellt sicher, dass "bei Bedarf weitere Bundesmittel für die allgemeine Rentenversicherung bereitzustellen sind". Nicht im Renten-Entwurf, aber im Haushaltsgesetz von Finanzminister Olaf Scholz ist vorgesehen, dass der Bund ab 2021 eine "Demografievorsorge Rente" mit jährlichen Einzahlungen von zwei Milliarden Euro anspart. Laut Gesetzentwurf könnte die Beitragsgarantie den Bund im Jahr 2025 etwa 3,6 Milliarden Euro kosten.